Europäischer Gerichtshof Ungarns NGO-Gesetz verstößt gegen EU-Recht
Ungarns Regierung hat vor dem Europäischen Gerichtshof eine Niederlage erlitten: Das sogenannte NGO-Gesetz verstößt gegen EU-Recht. Es sieht Auflagen für Organisationen vor, die Spenden aus dem Ausland erhalten.
Ein 2017 von Ungarn erlassenes Gesetz über den Umgang mit ausländischen Spenden an Nichtregierungsorganisationen (NGOs) verstößt laut dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) gegen EU-Recht. Das entschieden die Luxemburger Richter.
Das Gesetz war von der Regierungsmehrheit des rechtsnationalen Ministerpräsidenten Viktor Orban verabschiedet worden. Dieser führt schon seit Jahren einen regelrechten Feldzug gegen den US-amerikanischen Investor und Großspender George Soros. Orban wirft dem Holocaust-Überlebenden vor, seine Regierungspolitik zu hintertreiben, indem er mit viel Geld unabhängige Nichtregierungsorganisationen unterstütze.
Dem Gesetz zufolge müssen sich NGOs registrieren lassen, wenn sie Auslandsspenden von mehr als 7,2 Millionen Forint (etwa 20.500 Euro) im Jahr erhalten. Spendet ein Unterstützer mehr als 500.000 Forint (etwa 1500 Euro), müssen zudem dessen Name und der gespendete Betrag angegeben werden.
Die Informationen werden online veröffentlicht. Zudem müssen die NGOs auf ihrer Webseite und in anderen Veröffentlichungen angeben, sie seien eine "aus dem Ausland unterstützte Organisation".
Spender abgeschreckt
Das Gesetz blieb nicht ohne Folgen. Es schreckte Spender ab. Davon betroffen ist auch Amnesty International in Ungarn. Direktor David Vig meint, das Gesetz habe vor allem ein Ziel gehabt: Unabhängige NGOs, die sich für Rechtstaatlichkeit einsetzen, zum Schweigen zu bringen. "Wir hatten Workshops, die wir nicht organisieren konnten. Wir hatten Unterrichtsstunden in Schulen, die abgesagt werden mussten aufgrund der Stigmatisierung. Das hat nicht nur unsere finanzielle Basis, sondern auch unsere Tätigkeiten und Projekte ganz stark beeinflusst.“
Ungarn lenkte nicht ein
Die EU-Kommission leitete wegen des Gesetzes bereits ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarn ein. Als Budapest nicht einlenkte, klagte die Kommission vor dem EuGH.
Die Luxemburger Richter gaben der EU-Kommission nun Recht. Die Regeln seien diskriminierend und schränkten die betroffenen Organisationen, aber auch die Spender ungerechtfertigt ein. Dies verstoße unter anderem gegen den Grundsatz des freien Kapitalverkehrs. Ebenso verletze es unter anderem das Recht auf Achtung des Privatlebens und auf Schutz personenbezogener Daten.
In der jüngeren Vergangenheit kam es wiederholt zu juristischen Auseinandersetzungen zwischen Ungarn und der EU-Kommission. So hatte der EuGH Mitte Mai entschieden, dass die ungarischen Transitlager für Asylbewerber gegen europäisches Recht verstießen.
Aktenzeichen: C-78/18
Mit Informationen von Klaus Hempel, ARD-Rechtsredaktion