Nach ukrainischem Vorstoß 11.000 Russen aus der Region Belgorod evakuiert
Nach verstärkten Angriffen der Ukraine im Grenzgebiet hat Russland in einer weiteren Region Evakuierungen angeordnet. In Teilen Belgorods sei damit begonnen worden, Menschen in sicherere Gebiete zu bringen, teilten die Behörden mit.
Aus Angst vor einem weiteren ukrainischen Vorstoß haben die Behörden im russischen Gebiet Belgorod die Evakuierung eines Landkreises direkt an der Grenze angeordnet. "Wir haben einen unruhigen Morgen, der Feind ist an der Grenze des Kreises Krasnaja Jaruga aktiv", sagte der Gouverneur von Belgorod, Wjatscheslaw Gladkow.
Zur Sicherheit sollten die Bewohner an andere Orte gebracht werden. Fahrzeuge seien unterwegs. "Ich bin überzeugt, dass alles organisiert verläuft. Hauptsache ruhig, ohne Panik", sagte Gladkow in einem Kurzvideo, das über soziale Netzwerke verbreitet wurde. Er sei sich sicher, dass die russische Armee alles tue, um mit der Bedrohung fertig zu werden. Er machte keine Angaben, was die Ukrainer angeblich an diesem Grenzabschnitt unternehmen.
Laut einem Bericht der staatlichen Nachrichtenagentur Tass wurden bislang 11.000 Menschen aus dem Kreis Krasnaja Jaruga in Sicherheit gebracht.
Weitere Evakuierungen auch in der Region Kursk
Der Landkreis Krasnaja Jaruga liegt im Nordwesten des Gebiets Belgorod und schließt an das russische Gebiet Kursk an, in das ukrainischen Truppen am vergangenen Dienstag vorgedrungen sind. Dort hatte es heftige Kritik der Anwohner gegeben, dass die Behörden nicht vorbereitet gewesen seien. Zehntausende Bewohner aus den Orten an der Grenze flüchteten ungeordnet vor den Kämpfen.
Auch in der Region Kursk wurden wurden nach Angaben von Gouverneur Alexej Smirnow im Bezirk Belowski weitere Menschen in Sicherheit gebracht. Dort lebten lebten offiziellen Angaben zufolge Anfang 2022 fast 15.000 Menschen.
Karte der Ukraine, schraffiert: von Russland besetzte Gebiete
Das Verteidigungsministerium in Moskau teilte mit, man sei dabei, ukrainische Angriffe innerhalb Russlands abzuwehren. Man habe mehrere Panzer zerstört und zudem in der Nacht fünf Drohnen über Belgorod sowie elf über Kursk abgeschossen.
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.
Ukraine: Keine belarusischen Truppenbewegungen
Berichte über eine verstärkte Präsenz belarusischer Truppen an der gemeinsamen Grenze wies die Ukraine zurück. Man habe in den vergangenen Tagen weder Bewegungen noch Aufmärsche belarusischer Streitkräfte in dem Gebiet registriert, erklärt ein Sprecher des ukrainischen Grenzschutzes. Er widersprach damit Angaben aus Belarus.
Die Regierung in Minsk hatte am Samstag mitgeteilt, dass sie Truppen zur verstärkten Sicherung der Grenze entsandt habe, weil die Ukraine den belarusischen Luftraum verletzt habe. Der Sprecher des ukrainischen Grenzschutzes sagte, Belarus habe diese Angaben nur gemacht, um zu einer russischen Kampagne beizutragen, deren Ziel es sei, Druck auf die Ukraine auszuüben.
Belarus ist einer der wichtigsten Verbündeten Russlands. Sollte das Land tatsächlich verstärkt an der Grenze zur Ukraine aufmarschieren, könnte dies Kiew dazu veranlassen, Soldaten, die bei den Kämpfen gegen Russland gebraucht werden, zur zusätzlichen Sicherung der Grenze nach Belarus abzustellen.
Bundesregierung: Operation "ohne Rückkoppelung"
Die Bundesregierung hält sich bei einer Bewertung des ukrainischen Vorrückens auf russischem Gebiet bedeckt. Die Operation laufe "offenbar sehr geheim und ohne Rückkoppelung", sagte der stellvertretende Regierungssprecher Wolfgang Büchner. "Alles sieht bisher nach einem räumlich begrenzten Einsatz aus, es wäre deswegen unklug, sich auf dieser Grundlage öffentlich zu äußern." Die Bundesregierung sei mit allen Partnern, auch mit der Regierung in Kiew, in einem engen Austausch.
Auf die Frage, ob die Ukraine bei dem Einsatz von Deutschland gelieferte Waffen einsetze, sagte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums, die Ukraine habe zugesichert, die Waffen im Rahmen des Völkerrechts zu nutzen.
Kiews größter Vorstoß seit Kriegsbeginn
Der ukrainische Vorstoß in Kursk ist der größte auf russisches Territorium seit dem Beginn des Krieges. Russland hatte die Ukraine im Februar 2022 überfallen und hält seitdem Teile des Nachbarlandes besetzt.
Die Ukraine steht an den Fronten im eigenen Land stark unter Druck. Die Angriffe haben der ukrainischen Armee in den vergangenen Tagen mehr Bewegungsfreiheit verschafft und die russische Seite vor unerwartete Probleme gestellt.