Streit um Visumsfreiheit und Flüchtlingspakt EU weist türkisches Ultimatum zurück
Beim Flüchtlingspakt mit der EU hat die Türkei den Druck erhöht und fordert per Ultimatum die Visumsfreiheit für ihre Bürger. Sonst werde das Flüchtlingsabkommen platzen. Doch die EU pocht weiter auf die vorherige Umsetzung aller Bedingungen.
Die EU will sich im Streit um die Abschaffung der Visumspflicht für türkische Staatsbürger nicht von der Regierung aus Ankara unter Druck setzen lassen. Die Visumsfreiheit werde es nur geben, wenn alle Bedingungen erfüllt seien, betonte eine Sprecherin der EU-Kommission am Abend. Die Türkei habe zugesagt, die Vorgaben zu erfüllen, sagte sie mit Blick auf die im Zuge des Flüchtlingsabkommens vereinbarten 72 Bedingungen für die Gewährung des Visumsfreiheit. Die EU-Kommission erwarte, dass die Türkei ihren Verpflichtungen nachkomme. Bisher erfüllte die Regierung in Ankara erst einen Teil der Forderungen. Nicht umgesetzt wurde bislang unter anderem die Reform der Anti-Terror-Gesetze.
Die EU-Kommission reagierte mit ihrer Antwort auf Aussagen des türkischen Außenministers Mevlüt Cavusoglu. Dieser hatte der EU ein Ultimatum gestellt: "Wenn es nicht zu einer Visaliberalisierung kommt, werden wir gezwungen sein, vom Rücknahmeabkommen und der Vereinbarung vom 18. März Abstand zu nehmen", sagte er der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". Seine Regierung erwarte einen konkreten Termin für die zugesagte Visumfreiheit. "Es kann Anfang oder Mitte Oktober sein - aber wir erwarten ein festes Datum."
Türkei erfüllt noch nicht alle 72 Bedingungen
Die Visumpflicht für türkische Staatsbürger sollte ursprünglich ab Juli aufgehoben werden. Dieser Termin hat sich aber verschoben, weil die Türkei noch nicht alle Bedingungen erfüllt hat. Cavusoglu sagte, das Flüchtlingsabkommen funktioniere, weil die Türkei "sehr ernsthafte Maßnahmen" ergriffen habe, unter anderem zur Bekämpfung der Menschenschmuggler. "Aber all das ist abhängig von der Aufhebung der Visumpflicht für unsere Bürger, die ebenfalls Gegenstand der Vereinbarung vom 18. März ist." Der Minister versicherte aber, dies solle keine Drohung sein.
Im Zentrum des EU-Flüchtlingspaktes mit der Türkei steht ein Tauschhandel. Die EU schickt Flüchtlinge und andere Migranten, die seit dem 20. März illegal in Griechenland eingereist sind, zurück in die Türkei. Für jeden zurückgeschickten syrischen Flüchtling darf seit dem 4. April ein anderer Syrer aus der Türkei legal und direkt in die EU einreisen.
Zurzeit hält die Türkei das Flüchtlingsabkommen mit der EU noch ein, wie der Sprecher des griechischen Stabes für die Flüchtlingskrise, Giorgos Kyritsis, im Staatsfernsehen ERT sagte. Zwar seien nach dem Putschversuch in der Türkei am 15. Juli an einigen Tagen mehr als 100 Menschen angekommen. Insgesamt aber sei der Zustrom nicht dramatisch gestiegen.