Verhältnis zwischen Trump und Putin Ziemlich beste Kumpel - vielleicht
Russlands Präsident hat erfreut auf die US-Wahl reagiert. Er hat allen Grund dazu, mag man meinen. Schließlich hatte Trump sich lobend über Putin geäußert. Doch so einfach ist es nicht. Trumps Kontakte zu Putin-Gegnern sind nur einer der Punkte, die Putin missfallen dürften.
Die Ungewissheit über die Außenpolitik des gewählten US-Präsidenten Donald Trump besorgt Politiker und Experten in vielen Hauptstädten. Der russische Präsident Wladimir Putin jedoch äußerte Hoffnung - Hoffnung auf einen konstruktiven Dialog nach den Prinzipien der Gleichberechtigung und gegenseitiger Achtung, wie es in einem Gratulationsschreiben an Trump hieß.
In der Tat lassen Äußerungen Trumps darauf schließen, dass seine Politik den Interessen Russlands entgegenkommen wird. Trump lobte nicht nur Putins Führungsstärke, er betonte auch während seiner Wahlkampagne, dass er mit Putin arbeiten wolle. Gegen den "Islamischen Staat" in Syrien zum Beispiel sollten Russland und die USA gemeinsam militärisch vorgehen.
So gab es schon während des Wahlkampfs Kontakte zwischen der russischen Führung und dem Wahlkampfteam Trumps, wie der russische Vizeaußenminister Sergej Rjabkow sagte. Diese Arbeit solle nun fortgesetzt werden.
Mehr militärischer Spielraum für Russland?
Trumps Art entspricht einerseits Putins Herangehensweise, zu Führern wichtiger Staaten möglichst enge persönliche Beziehungen zu knüpfen. Andererseits würde dies Putins Forderung erfüllen, über alle weltpolitischen Belange, die Russlands Interessen berühren, direkt mit der Führung in Washington zu verhandeln.
Zudem könnte sich mehr politischer und militärischer Spielraum für Russland ergeben, wenn sich die USA - wie von Trump angedeutet - weiter als bereits unter Barack Obama aus der Welt zurückziehen würde. Aufmerksam wurde in Moskau registriert, dass Trump die Beistandspflicht für die NATO-Verbündeten von deren finanziellem Engagement abhängig machte.
Der litauische Künstler Mindaugas Bonanu hat seine ganz eigene Interpretation des Verhältnisses zwischen Putin und Trump: Graffiti auf einer Hauswand in Vilnius.
Anerkennung der Krim-Annexion?
Anders als die demokratische Kandidatin Hillary Clinton kritisierte Trump auch weder die innenpolitischen Verhältnisse Russlands noch die russische Präsenz in der Ostukraine. Trump stellte sogar in Aussicht, über die Anerkennung der Krim-Annexion nachzudenken. Seine vage Antwort auf die Frage einer deutschen Journalistin dazu ließ jedoch darauf schließen, dass er sich mit solchen Fragen bislang wenig beschäftigt hat.
Trump im Russland als Geschäftsmann engagiert
Russland und die Staaten, die einst unter Kontrolle der Sowjetunion standen, sind allerdings kein unbekanntes Terrain für Trump. Sein Engagement als Geschäftsmann und seine Kontakte dort könnten von Bedeutung sein für sein künftiges Handeln. So weisen Kommentatoren darauf hin, dass Trumps internationale Business-Aktivitäten die für das Amt des Präsidenten notwendige Unabhängigkeit und Unvoreingenommenheit beeinträchtigen könnten.
Eine Misswahl in Moskau
Bekannt ist: Trump hatte sich jahrelang erfolglos darum bemüht, im russischen Immobilienmarkt Fuß zu fassen und einen seiner Trump-Tower in Russland zu errichten. Am 9. November 2013 veranstaltete er einen seiner Miss-Universe-Wettbewerbe in Moskau, bei dem seiner Aussage nach zahlreiche russische Oligarchen zugegen waren. Geplant war laut "Washington Post" auch ein Treffen mit Putin, das dieser allerdings in letzter Minute absagte.
Mittelsmann zu Putin war dem Blatt zufolge der aserbaidschanisch-stämmige Milliardär Aras Agalarow, dessen Sohn wiederum mit der Tochter des Präsidenten von Aserbaidschan verheiratet war. Die autoritär regierende Führung der ölreichen Ex-Sowjetrepublik am Kaspischen Meer gilt als eine der korruptesten weltweit, was Trump nicht von Geschäften dort abhielt: In der Hauptstadt Baku steht inzwischen ein Trump-Tower, erbaut nach Angaben aserbaidschanischer Medien in Kooperation mit dem 34-jährigen Milliardär Anar Mammadov, Sohn des Transportministers.
In Baku in Aserbaidschan steht einer der Trump-Tower - in Moskau bislang nicht.
Der Freund in der Ukraine
Fraglich ist, wie derlei Kontakte die Politik Trumps beeinflussen könnten. Dies gilt noch mehr für eine weitere Verbindung Trumps in die post-sowjetische Welt - zu dem Ex-Präsidenten Georgiens, Michail Saakaschwili, ein persönlicher Gegner Putins. Am Montag erst war Saakaschwili von seinem Posten als Gouverneur der ukrainischen Region Odessa zurücktreten und hatte Ambitionen erkennen lassen, auf nationaler Ebene in der Ukraine Verantwortung übernehmen zu wollen. Derzeit ist er auf der Suche nach Verbündeten.
Saakaschwili ist nach eigenen Aussagen seit mehr als 20 Jahren mit dem künftigen US-Präsidenten bekannt und verfügt damit über einen Vorteil gegenüber vielen Politikern in Europa, die nun versuchen, Kontakte zu Trump und seiner Umgebung aufzubauen. Saakaschwili beeilte sich gestern, Trump öffentlich seine Glückwünsche zu übermitteln. Trump dürfte sich noch seines Besuches in Georgien erinnern. 2012 hatte er dort mit Saakaschwili den Start eines weiteren Trump-Tower-Projekts gefeiert.
Bei der Gelegenheit hatte Trump den Georgier überschwänglich gelobt. Dass Saakaschwili schon damals wegen seiner autoritären Regierungsweise in der Kritik stand und dass dieser erhebliche Verantwortung für den Ausbruch des Russland-Georgien-Krieges 2008 trägt, spielte für Trump keine Rolle.
2012 hatte Trump mit Saakaschwili den Start eines Trump-Tower-Projekts in Georgien gefeiert.
Russland-kritische Republikaner im Kongress
Saakaschwili und andere Politiker in Osteuropa dürften darauf setzen, dass der Kongress nach der Wahl von den Republikanern dominiert wird, von denen viele Russland gegenüber sehr kritisch eingestellt sind. Auch die in Washington kursierenden Namen über die Besetzung wichtiger Posten wie des Außen- und des Verteidigungsministeriums lassen eher darauf schließen, dass kein grundsätzlicher Wandel im Verhältnis zu Russland zu erwarten ist.
Zudem hatte Trump selbst schon durchblicken lassen, dass er militärisch gegen Russland vorgehen könnte: Im Mai sagte er, wenn russische Kampfjets weiterhin amerikanischem Militär zu nahe komme, werde er den Abschussbefehl erteilen.
Plötzlich spricht keiner mehr von Wahlbetrug
Angesichts der Ungewissheit über Trumps künftigen Kurs mischt sich in Russland in die Überraschung und Freude über Trumps Sieg auch Skepsis. Außerdem müssen die russischen Medien mit zwei Problemen umgehen: Würde Trump wirklich auf Putin zugehen und ein neues Tauwetter beginnen, fielen die USA als Projektionsfläche des äußeren Feindes weg.
Das andere Problem bereitet das Wahlergebnis: Russische Medien hatten wie Trump selbst von manipulierten Wahlen gesprochen, die seinen Sieg unmöglich machten. Von Wahlbetrug spricht nun niemand mehr, die Rede ist vielmehr von einer Revolution gegen das amerikanische Establishment. Was dabei unter den Tisch fällt: Anders als in Russland ist es in den USA möglich, dass ein Präsidentschaftskandidat gegen das Establishment Wahlen gewinnt.