Iran zu US-Ausstieg Zwischen Diplomatie und Drohungen
Im Iran gehen die Reaktionen auf den Ausstieg der USA aus dem Atomabkommen weit auseinander: Das Außenministerium gibt sich verhandlungswillig, im Parlament brennen dagegen amerikanische Flaggen.
Der Iran will trotz des Ausstiegs der USA an dem Atomabkommen festhalten. Dieser Wille ist allerdings stark an die Kooperation der verbleibenden Vertragspartner geknüpft. Der iranische Außenminister, Mohamed Dschawad Sarif, beschrieb die politische Strategie, die seine Regierung nun anstreben werde, als Pendeldiplomatie.
Die EU - allen voran Deutschland, Frankreich und Großbritannien - sowie Russland und China müssten nun sicherstellen, dass das Abkommen weiterhin vertragsgerecht umgesetzt werde, forderte Sharif auf Twitter. Das bedeutet für ihn, dass der Iran auch in Zukunft "voll und ganz" von den ihm zugesicherten wirtschaftlichen Vorteilen profitieren könne.
Wenn Verhandlungen scheitern, will Iran aufrüsten
Bereits am Dienstagabend hatte auch der iranische Präsident Hassan Rouhani in einer Fernsehansprache versichert, dass der Iran an dem Abkommen festhalten werde: "Wir haben statt eines Abkommens mit sechs Staaten nun eines mit fünf." Nun müsse jedoch neu verhandelt werden, und sollten diese Verhandlungen scheitern, sei der Iran bereit, die Atomaktivitäten binnen kurzer Zeit wieder aufzunehmen. Er drohte bei einem Scheitern des Abkommens, wieder verstärkt Uran anzureichern - ein Prozess, der eine Voraussetzung für den Bau von Nuklearwaffen ist.
Abgeordnete verbrennen US-Flagge
Sehr viel schärfer als Rouhani und Sharif reagierte der iranische Parlamentspräsident Ali Larijani. Donald Trump habe nicht den geistigen Horizont, um seinen Job als Präsident der USA erfüllen zu können und verstehe nur "die Sprache des Zwangs". Der Iran habe keinerlei Verpflichtung mehr, dem Abkommen nachzukommen, sagte Larijani bei der Zusammenkunft des Parlaments.
Mehrere Abgeordnete machten ihre Wut deutlich, indem sie eine amerikanische Flagge anzündeten und an die USA gerichtete Todeswünsche skandierten.
Auch Ajatollah Ali Chamenei, das geistige Oberhaupt des Irans, warf Trump vor, einen Fehler gemacht zu haben. Die Rede des US-Präsidenten sei "dumm und oberflächlich gewesen", zudem habe Trump in ihr mindestens zehn Mal gelogen.
Ajatollah Ali Chamenei warf Trump vor, er habe in seiner Rede Lügen verbreitet.
Zahlreiche Staaten "bedauern" US-Ausstieg
International war Trumps Entscheidung auf Enttäuschung und Kritik gestoßen. Das russische Außenministerium warf den USA vor, mit ihrem Ausstieg internationales Recht zu brechen. Auch die Regierungen von Japan, China, Australien und der Türkei äußerten ihr Bedauern über den Rückzug der USA aus dem Atomabkommen. Das türkische Außenministerium betonte, die Internationale Atomenergie-Organisation IAEO habe regelmäßig bestätigt, dass sich der Iran an die vereinbarten Vorgaben gehalten habe.
Lob für Trump aus Israel
Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu begrüßte dagegen die Entscheidung der USA. "Israel unterstützt voll die heute getroffene mutige Entscheidung von Präsident Trump, das katastrophale Abkommen zu verlassen", sagte Netanyahu am Dienstagabend in einer kurzen Fernsehansprache.
Auch Saudi-Arabien lobte den Schritt des Weißen Hauses. Der Iran nutze die finanziellen Vorteile des Abkommens, um die Region weiter zu destabilisieren, erklärte das sunnitische Königreich. Saudi-Arabien kämpft mit dem Iran um die Vorherrschaft im Nahen Osten.
Der Iran hatte sich 2015 verpflichtet, für mindestens ein Jahrzehnt wesentliche Teile seines Atomprogramms drastisch zu beschränken, um keine Atomwaffen bauen zu können. Im Gegenzug wurden Sanktionen gegen den Iran aufgehoben oder ausgesetzt und eine Normalisierung der Wirtschaftsbeziehungen mit dem Westen in Aussicht gestellt.