Abkommen mit Iran Wer vertritt welche Position im Atomstreit?
Das Atomabkommen mit dem Iran steht auf der Kippe. Israel und US-Präsident Trump gehören zu den schärfsten Kritikern des Abkommens. Wer sind die Befürworter? Die Positionen im Atomstreit im Überblick.
Rückblick: Das in der Nacht zum 14. Juli 2015 geschlossene Abkommen beendete einen 13 Jahre langen Atomstreit mit dem Iran. Unterzeichner waren außer dem Iran die fünf Veto-Mächte im UN-Sicherheitsrat - USA, China, Russland, Frankreich, Großbritannien - sowie Deutschland. Der Iran verpflichtete sich, für mindestens ein Jahrzehnt wesentliche Teile seines Atomprogramms drastisch zu beschränken, um keine Atomwaffe bauen zu können. Im Gegenzug wurden Sanktionen gegen den Iran aufgehoben und dem Land eine Normalisierung der Wirtschaftsbeziehungen mit dem Westen in Aussicht gestellt.
Kürzlich legte nun Israels Ministerpräsident Netanyahu nach eigenen Worten "neue und schlüssige Beweise" zu einem geheimen Atomprogramm vor, das der Iran seit Jahren vor der internationalen Gemeinschaft versteckt haben soll. Der Iran weist das als Lüge zurück. Netanyahu gehört gemeinsam mit US-Präsident Donald Trump zu den schärfsten Kritikern des Atomabkommens mit dem Iran. Wer vertritt welche Haltung im Atomstreit?
Die Kritiker
USA: Präsident Donald Trump lässt an dem Deal, der von der Obama-Regierung vereinbart wurde, kein gutes Haar. Er sagt, es sei eines der allerdümmsten und schlechtesten Abkommen überhaupt und hätte nie abgeschlossen werden dürfen. Als enger Verbündeter Israels überzieht Trump den Iran anhaltend mit scharfer Kritik: Niemals dürfe Teheran Atomwaffen besitzen. Bis zum 12. Mai muss Trump entscheiden, ob von den USA ausgesetzte Sanktionen gegen den Iran außer Kraft bleiben. Dies wird de facto auch als Entscheidung über den Verbleib der USA in der Atomvereinbarung angesehen. Vielen gilt als sicher, dass die USA aussteigen werden - aber wer weiß schon, wie Trump am Ende entscheidet?
Einig gegen das Atomabkommen mit Iran: Netanyahu und Trump
Israel: Ministerpräsident Benjamin Netanyahu gilt schon seit Jahren als schärfster Gegner der Atomvereinbarung mit dem Iran. Der Regierungschef hatte immer wieder gefordert, den Vertrag nachzubessern oder aufzukündigen. Im vergangenen Jahr warnte er vor einer nuklearen Aufrüstung des Irans binnen acht bis zehn Jahren, sollte das internationale Abkommen nicht verändert werden. Der Vertrag habe Iran kriegerischer und gefährlicher gemacht, sagte er. Der Iran hatte Israel mit Zerstörung gedroht. Deshalb sieht der jüdische Staat eine mögliche Aufrüstung mit Atomwaffen als derzeit größte Bedrohung seiner Existenz.
Saudi-Arabien: Das sunnitische Königreich sieht im schiitischen Iran seinen Erzfeind. Die beiden Regionalmächte ringen in der islamischen Welt um Einfluss. In den Konflikten in Syrien, im Irak sowie im Jemen unterstützen sie entgegengesetzte Parteien. Saudi-Arabien befürchtet, dass der Iran nach dem Wegfall von Sanktionen seine Mehreinnahmen nutzt, um mit seinen Verbündeten nach regionaler Vorherrschaft zu streben. Dementsprechend ablehnend steht Saudi-Arabien dem Atomabkommen gegenüber. Kronprinz Mohammed bin Salman sagte bei einem Interview im März, dass auch sein Land nach der Atombombe streben werde, sollte der Iran diese entwickeln.
Die Befürworter
Internationale Atomenergiebehörde: Die IAEA hat nach eigenen Angaben seit 2009 keine glaubwürdigen Hinweise mehr darauf, dass der Iran an der Entwicklung von Atomwaffen arbeitete. Sie warnt vor einem Ende des Atomdeals. Ein solcher Schritt wäre ein großer Verlust für die Überwachung nuklearen Materials und für das gemeinsame politische Handeln, sagte IAEA-Chef Yukiya Amano. Er bescheinigte Teheran nach nun mehr als zwei Jahren währender strenger Kontrollen durch die IAEA, alle Vorschriften eingehalten zu haben.
EU: Die Europäer sehen das Atomabkommen mit dem Iran als einen Erfolg und versuchen, es zu retten. Der Deal zeige, dass die Weiterverbreitung von Nuklearwaffen mit diplomatischen Mitteln verhindert werden könne, lautet die Argumentation in Brüssel. Bislang gebe es keinerlei Hinweise, dass der Iran die eingegangenen Verpflichtungen zur Einschränkung seines Atomprogrammes nicht einhalte. Dass Israels Ministerpräsident Netanyahu am Montag versuchte, einen anderen Eindruck zu erwecken, wird von der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini äußerst kritisch gesehen. Sie forderte ihn auf, sich an die Atomenergiebehörde zu wenden, sollte er wirklich Hinweise haben, dass der Iran sich nicht an das Abkommen hält. Um US-Präsident Trump zu einem Festhalten am Abkommen zu bewegen, wird in der EU derzeit erwogen, den Druck auf den Iran in Bereichen zu erhöhen, die nichts mit dem Atomdeal zu tun haben. So setzen sich Deutschland, Frankreich und Großbritannien dafür ein, neue Sanktionen gegen Personen, Organisationen und Unternehmen zu erlassen, die für die aus EU-Sicht konfliktfördernde Politik des Irans verantwortlich sind oder diese federführend umsetzen.
Sie werben für das Abkommen: Macron und Merkel
Deutschland: Die Bundesregierung äußerte sich bislang zurückhaltend zu den neuen israelischen Vorwürfen. "Klar ist, dass die internationale Gemeinschaft Zweifel daran hatte, dass der Iran ein ausschließlich friedliches Atomprogramm verfolgte", sagte ein Regierungssprecher der Deutschen Presse-Agentur. Deswegen sei ja 2015 das Atomabkommen mit Teheran getroffen worden. In diesem sei "ein präzedenzlos tiefgreifendes und robustes" Überwachungssystem der IAEA zur Einhaltung des Abkommens eingerichtet worden. Außenminister Heiko Maas sieht denn auch die unabhängige Überwachungsbehörde am Zug: Die IAEA müsse schnellstmöglich Zugang zu den israelischen Informationen bekommen und klären, ob es darin tatsächlich Hinweise auf einen Verstoß gegen das Atomabkommen gibt, sagte er der "Bild"-Zeitung. "Gerade weil wir einen iranischen Griff nach Atomwaffen nicht zulassen können, müssen die Kontrollmechanismen des Wiener Abkommens greifen und erhalten werden."
Russland: Moskau hat mehrfach betont, keine Alternative zum Atomabkommen oder Änderungen zu akzeptieren. Der geltende Plan müsse von allen Seiten weiterhin strikt eingehalten werden, betonte Präsident Wladimir Putin als Antwort auf die israelischen Anschuldigungen. Das Abkommen sei ein Garant für Stabilität und Sicherheit in der Region. Der Kreml stärkt dem Iran massiv den Rücken - wohl auch, weil Teheran einer der wichtigsten Verbündeten im Syrien-Konflikt ist. Sollte Teheran irgendetwas daran verändern, würde dies Moskaus Position in der Region empfindlich treffen.