Kämpfe in Nordsyrien Kurden suchen Hilfe bei Assad
Angesichts vorrückender türkischer Truppen sind die Kurden in Nordsyrien eine Allianz mit der Assad-Regierung eingegangen. Sie hoffen auf Schutz, doch Assad will das ganze Land kontrollieren.
Die syrische Regierung von Baschar al-Assad kommt den bedrängten Kurden zur Hilfe. Die staatliche Nachrichtenagentur SANA meldete, die syrische Armee werde im Norden des Landes der - so wörtlich - "türkischen Aggression" entgegentreten. Details wurden nicht genannt.
Nach Angaben der Autonomieverwaltung von Nordost-Syrien soll die syrische Armee entlang der gesamten Länge der Grenze mit der Türkei stationiert werden. Die syrischen Gebiete, in denen die türkische Armee derzeit präsent sei, würden auf diese Weise "befreit" werden. Das gelte auch für Orte wie Afrin, die die Türken schon länger besetzt halten.
Der libanesische TV-Sender Al-Mayadeen berichtete von einer Vereinbarung der Regierung in Damaskus mit den Syrischen Demokratischen Kräften (SDF). Diese werden von der Kurdenmiliz YPG angeführt, gegen die Ankara die Offensive begonnen hatte. Als Teil der Vereinbarung würden syrische Regierungstruppen zur türkischen Grenze verlegt. Kontrollpunkte der SDF würden geöffnet, um der Armee Zugang zur Region zu verschaffen, berichtete Al-Mayadeen unter Berufung auf kurdische Quellen.
Verhandlungen mit russischer Hilfe?
Offenbar hatten SDF-Gesandte mehrere Tage mit Regierungsvertretern verhandelt. Die Gespräche fanden dem Vernehmen nach auf der russischen Luftwaffenbasis Hmeimim in Latakia statt, in Anwesenheit russischer Vertreter. Weitere Gespräche soll es in Damaskus gegeben haben.
SDF-Sprecher Mustafa Bali sagte zunächst nur, seit Beginn der türkischen Offensive habe man immer betont, alle Optionen erkunden zu wollen, um den Menschen eine ethnische Säuberung zu ersparen.
Assad will Vakuum nutzen
Welche Folgen die Einigung zwischen Assad und den Kurden hat, ist unklar. Noch weiß niemand, wie viele Soldaten der syrische Machthaber tatsächlich in Bewegung setzen will, wohin genau er sie schicken wird und ob er auch bereit ist, seine Kampfflugzeuge einzusetzen. Assads Luftwaffe ist jedoch veraltet und wäre keine große Herausforderung für die NATO-Macht Türkei. Das syrische Heer ist nach Jahren des Bürgerkriegs ausgezehrt und schwach, es fehlt an Soldaten.
Nicht bekannt ist auch, ob Russland es dabei belassen wird, bei den Gesprächen zwischen syrischer Regierung und Kurden eingebunden gewesen zu sein, oder ob man sich auch militärisch gegen die Türkei engagieren will. Dies ist unwahrscheinlich. Russland ist international der wichtigste Verbündete Assads. Ohne die Unterstützung des russischen Militärs hätte Assad den Aufstand gegen seine Herrschaft wohl nicht überlebt.
Dass sich die USA von den Kurden abgewendet haben, hat dem syrischen Präsidenten eine Chance eröffnet, die dieser nun nutzen will. Er dürfte die Möglichkeit sehen, seinen geografischen Machtbereich deutlich auszuweiten.
Kurden kämpften nicht offen gegen Assad
Derzeit kontrollieren die Kurden etwa ein Drittel Syriens. Seit Jahren hat Assad ein ums andere Mal gesagt, er bestehe darauf, jeden einzelnen Quadratzentimeter syrischen Bodens zurückzuerhalten. Die syrischen Kurden hingegen waren nie Teil der Opposition gegen Assad und kämpften nicht für dessen Sturz. Während des Bürgerkriegs gingen sich Kurden und Regierungstruppen in der Regel aus dem Weg.
Die Kurden strebten keine Unabhängigkeit an, sondern lediglich eine weitgehende Selbstverwaltung. Das dürften sie unter Assad wohl nie bekommen. Angesichts des türkischen Vormarschs hoffen die Kurden jetzt zumindest darauf, dass ihnen die Annäherung an Assad und Putin den Schutz bietet, den US-Präsident Donald Trump ihnen zuvor entzogen hatte.