Ukraine-Konflikt Zusätzliche NATO-Einheiten für alle Eventualitäten
Inmitten der Spannungen mit Russland hat die NATO beschlossen, ihre Präsenz an der Ostflanke dauerhaft auszubauen. Moskaus Aussage über einen Truppenabzug an der ukrainischen Grenze bezweifelt das Bündnis und fordert eindeutige Taten.
Inmitten der Spannungen mit Russland prüft die NATO die Verlegung neuer Gefechtseinheiten nach Osteuropa. Insbesondere sollen in südwestlich der Ukraine gelegenen NATO-Ländern wie Rumänien multinationale Kampftruppen stationiert werden. Bislang gibt es die sogenannten Battlegroups nur in Estland, Litauen und Lettland sowie in Polen. Die Umsetzung der Pläne könnte nach Angaben von NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg noch in diesem Frühjahr erfolgen.
Stoltenberg sagte, die Verteidigungsminister der 30 Mitgliedsländer hätten der Militärführung ein Mandat zur Ausarbeitung der Pläne erteilt. Befürchtungen, dies könne die Spannungen mit Moskau weiter verschärfen, wies er zurück. "Die NATO ist keine Bedrohung für Russland", betonte der Generalsekretär. Es gehe nicht um offensive Kräfte, sondern alleine um die Verteidigung der Mitgliedstaaten.
Für Ernstfall gerüstet sein
Man sei bereit, das Abschreckungs- und Verteidigungsvorhaben weiter zu stärken, um auf alle Eventualitäten vorbereitet zu sein, heißt es in einer von den Verteidigungsministern gemeinsam verabschiedeten Erklärung. Russlands Handlungen stellten eine Bedrohung für die euro-atlantische Sicherheit dar. Schon jetzt würden infolge des russischen Truppenaufmarsches zusätzliche Streitkräfte im östlichen Teil des Bündnisses stationiert, erklärten die Alliierten. Zudem sei das Bereitschaftsniveau der Truppen erhöht worden.
Konkret forderten die NATO-Staaten Russland noch einmal auf, den "grundlosen und ungerechtfertigten militärischen Aufbau" an den Grenzen zur Ukraine und in Belarus unverzüglich rückgängig zu machen und den Weg des Dialogs zu wählen. Moskau wiederum hatte das Bündnis vor der Stationierung seiner zusätzlichen Truppen in Osteuropa gewarnt.
Abzug oder Aufmarsch?
Moskau teilte derweil mit, nach Manövern damit begonnen zu haben, seine Truppen von der ukrainischen Grenze abzuziehen. Das russische Verteidigungsministerium veröffentlichte Videomaterial, auf dem der Abzug von Kampfverbänden von der Halbinsel Krim zu sehen sein soll.
Sowohl die US-Regierung als auch die NATO reagierten mit Skepsis. Bisher sei kein Rückzug zu beobachten, sagte US-Außenminister Antony Blinken dem Fernsehsender MSNBC. "Was Russland sagt, ist das eine. Was Russland tut, ist das andere." Es wäre gut, "wenn sie ihren Worten Taten folgen lassen würden, aber bis jetzt haben wir das nicht gesehen". Und auch Stoltenberg betonte: "Bislang haben wir vor Ort keine Deeskalation gesehen. Im Gegenteil: Russland scheint den Militäraufmarsch fortzusetzen."
Alle Seiten betonen Bereitschaft zum Dialog
Parallel geht die Suche nach einer friedlichen Lösung des Konflikts weiter. Alle Beteiligten betonen wiederholt ihre Bereitschaft zum Dialog. Das russische Präsidialamt teilte mit, Putin bevorzuge Diplomatie zur Lösung der Krise und werte es als positives Zeichen, dass auch US-Präsident Joe Biden den Dialog suche.
Biden selbst hatte zuvor ebenfalls für eine Lösung des Konflikts auf diplomatischem Wege plädiert, genau wie auch Bundeskanzler Olaf Scholz bei seinem Treffen mit Putin in Moskau. "Wir sind bereit, gemeinsam mit allen Partnern und Verbündeten in der EU und der NATO und mit Russland über ganz konkrete Schritte zur Verbesserung der gegenseitigen - oder noch besser, der gemeinsamen - Sicherheit zu reden", sagte Scholz.
Scholz will am Abend noch einmal mit Biden telefonieren. Wie das Weiße Haus mitteilte, sei das Gespräch Teil der "weiterhin engen Abstimmung" der USA mit ihren Verbündeten. Am Donnerstag wollen die EU-Staats- und Regierungschefs ihr weiteres Vorgehen in der Ukraine-Krise abstimmen. Das kündigte ein Sprecher von EU-Ratspräsident Charles Michel auf Twitter an.
Michel forderte von Russland "konkrete und handfeste Schritte zur Deeskalation". Die EU könne nicht ewig Diplomatie auf einer Seite versuchen, wenn die andere Seite Truppen anhäufe.