Parlamentswahl in Serbien Vucic-Partei vorn - Opposition spricht von Betrug
Bei der Parlamentswahl in Serbien liegt die Partei von Präsident Vucic klar vorn. Prognosen sehen die SNS bei mindestens 46 Prozent der Stimmen. Die Opposition spricht aber von "beispielloser Wahlgewalt".
Die Partei von Präsident Aleksandar Vucic hat nach Angaben von Wahlforschern die vorgezogene Parlamentswahl in Serbien gewonnen. Nach Auszählung von 90 Prozent der abgegebenen Stimmen sahen die Belgrader Institute Cesid und Ipsos die Serbische Fortschrittspartei (SNS) mit 46 Prozent der Stimmen als klar stärkste Kraft. Damit hätte sie mit 128 von 250 Mandaten eine absolute Mehrheit in der Volksversammlung (Skupstina) erreicht.
Die liberale Opposition, die als Wahlbündnis "Serbien gegen Gewalt" (SPN) gemeinsam antrat, kam mit 24 Prozent der Stimmen den Wahlforschern zufolge auf 65 Mandate und wurde zweitstärkste Kraft. Bereits kurz nach Schließung der Wahllokale hatte die SNS den Sieg für sich reklamiert. Wenig später erklärte auch Vucic selbst den Wahlsieg. Seine Partei habe sich die absolute Mehrheit gesichert, sagte der Staatschef am Sonntag bei einer Pressekonferenz in Belgrad.
Unregelmäßigkeiten und Betrugsvorwürfe
Die Opposition hatte die Hoffnung gehegt, bei den gleichzeitig abgehaltenen Kommunalwahlen in der Hauptstadt Belgrad einen Machtwechsel herbeiführen zu können. Dort zeichnete sich in der Wahlnacht eine Pattsituation ab. Weder SNS noch SPN dürften in der Stadtversammlung, die den Bürgermeister wählt, eine Mehrheit haben. Zünglein an der Waage ist die neue Liste des Arztes und Rechtspopulisten Branimir Nestorovic, die mit fünf Prozent der Stimmen überraschend auch den Einzug ins Landesparlament schaffte.
Vor allem in Belgrad war die Wahl überschattet von Betrugsvorwürfen gegen die Präsidentenpartei. "Wir waren heute Zeugen beispielloser Wahlgewalt", sagte Oppositionsführer Miroslav Aleksic. "Nach unseren Schätzungen wurden in Belgrad 40.000 Personalausweise an Menschen ausgestellt, die nicht hier leben." Medien berichteten von Autobussen, die Menschen aus dem serbischen Teil Bosnien-Herzegowinas zur Belgrader Arena brachten, wo sie an der Wahl teilgenommen haben sollen.
Neuwahlen nach Amoklauf und Eskalation im Kosovo
Vucic, dem Kritiker einen autoritären Regierungsstil vorwerfen, hatte das Parlament nach nicht einmal zwei Jahren aufgelöst. Veranlasst hatten ihn dazu zwei Amokläufe im Mai mit 18 Toten sowie Konflikte in dem seit 2008 unabhängigen Kosovo. Serbien beansprucht seine einstige, heute fast ausschließlich von Albanern bewohnte Provinz weiterhin für sich.
Die Amokläufe im Mai hatten eine massive Protestbewegung gegen die Vucic-Regierung ausgelöst. Dies führte dazu, dass sich die liberale Opposition zum Wahlbündnis "Serbien gegen Gewalt" zusammenschloss.