Papst Franziskus in Osttimor Kleines Land, große Aufregung
In kaum einem anderen Land ist der Anteil von Katholiken an der Bevölkerung so groß wie in Osttimor. Der Besuch von Papst Franziskus versetzt den kleinen Staat in Aufregung. Ein Missbrauchsfall überschattet den Besuch.
Die Kirche im Zentrum der Hauptstadt Dili ist voll. Es sitzen sogar Gläubige draußen auf Stühlen, verfolgen die Messe auf einer Leinwand. 97 Prozent der Bevölkerung von Osttimor sind katholisch und gehen regelmäßig in die Kirche.
"Ich hoffe, der Besuch des Papstes bringt meinem geliebten Land Frieden, Ruhe und Stabilität", sagt Donatos Gonçalves, der mit seiner Frau vor der Kirche auf den nächsten Gottesdienst wartet. Der Besuch des Papstes sei ein historischer Moment. "Jeder betet zurzeit für die Gesundheit des Papstes", ergänzt Joanna Miranda Pereira, die ebenfalls vor der Kirche wartet. Sie hat sich sogar als Freiwillige gemeldet, räumt Parks auf, sammelt Müll ein. Damit alles schön aussieht für den Papst.
Sogar Straßen wurden verbreitert, der Strand aufgeräumt. Die Regierung erwartet, dass 700.000 Menschen - und somit gut jeder zweite Osttimorese - in die Hauptstadt Dili reisen wird, um den Papst zu sehen. Der Präsident von Osttimor nannte die Vorbereitungen einen logistischen Albtraum. Die Versorgung der Gläubigen mit Wasser und Lebensmitteln sei für den kleinen südostasiatischen Staat eine riesige Herausforderung. Und gleichzeitig die beste Werbung für mehr Tourismus, so Staatspräsident Jose Ramos-Horta.
Erst mal aber freut er sich, den Papst zu begrüßen: "Ich habe seine Heiligkeit bereits zweimal getroffen, er ist sehr sympathisch", sagt Ramos-Horta. Sein Besuch belohne die Menschen im Land für ihren Glauben. Und er werde den Katholizismus in Osttimor noch mehr fördern und stärken.
Mit großen Plakaten wird in Osttimor der Besuch des Papstes angekündigt.
Unabhängigkeitsheld hat Kinder missbraucht
Doch Papst Franziskus wird sich in Osttimor auch mit einem Skandal um sexuellen Missbrauch auseinandersetzen müssen. Der Vatikan räumte im Jahr 2022 öffentlich ein, dass der Unabhängigkeitsheld und Friedensnobelpreisträger Bischof Carlos Ximenes Belo über viele Jahre Jungen sexuell missbraucht hat.
Die niederländische Journalistin Tjitske Lingsma hatte damals als Erste über den Fall berichtet. Sie fordert, der Papst sollte sich bei seinem Besuch bei den Opfern entschuldigen.
Aus dem Land selbst kommt allerdings wenig Druck. Bischof Belo ist in Osttimor weiterhin äußerst beliebt, ein Held, wegen seiner bedeutenden Rolle im blutigen Unabhängigkeitskampf gegen Indonesien. Viele Timoresen spielen seine Taten daher herunter, bezweifeln, leugnen sie. Der aktuelle Präsident Jose Ramos-Horta hat den Friedensnobelpreis 1996 zusammen mit Bischof Belo bekommen. Ramos-Horta erklärt im Interview mit der Nachrichtenagentur AP, dass er das Thema nicht zur Sprache bringen möchte. Es sei nicht nötig, Belo noch einmal zu verurteilen.
Bischof Belo weiterhin sehr beliebt
Aber letztlich müssten Papst Franziskus und seine Begleiter das entscheiden. "Die Menschen respektieren Bischof Belo weiterhin zutiefst für seinen Mut, seinen Beitrag zu ihrem Kampf. Er hat Menschen beschützt, er hat Menschen gerettet, und die Menschen vergessen das nicht einfach oder geißeln, ächten ihn."
Wenn man sich auf der Straße umhört, wird klar, viele Timoresen wünschen sich, dass Bischof Belo diese Woche an der Seite des Papstes durch Dili läuft. Aber der 76-Jährige wurde vom Vatikan zuerst nach Mosambik versetzt, inzwischen lebt er in Portugal.
Zur Messe werden eine Million Besucher erwarten
Der Repräsentant des Vatikans in Osttimor, Monsignore Marco Sprizzi, bereitet den Besuch des Papstes seit fast einem Jahr vor. Erst geheim, dann öffentlich. "Ich bewundere den Mut, den Geist des Papstes, dass er als Mann in diesem Alter, mit Knieproblemen, solch eine Reise macht", sagt Sprizzi und verweist auf den Jetlag und die verschiedenen Zeitzonen. Darum habe man ihm Ruhepausen eingeplant: "Ich bin sicher, der Heilige Geist wird ihm helfen."
Zudem werde Franziskus die Begeisterung und die Liebe der Menschen in Osttimor die nötige Energie geben, ist sich Sprizzi sicher. Der Papst wird drei Tage bleiben. Einen Tag länger als ursprünglich geplant, um mehr Zeit für die Jugend zu haben. Alles müsse sehr gut organisiert sein, besonders die große Messe in Tasitolu, zu der sie 700.000 bis eine Million Besucher erwarten würden.
40 Prozent der Timoresen leben in Armut
Der Ort ist der gleiche, an dem Papst Johannes Paul II. im Jahr 1989 seine Messe gefeiert hat. Nur die Fläche wurde vergrößert - sie ist jetzt größer als 40 Fußballfelder. Für den Besuch von Papst Franziskus wurde sogar ein neuer Altar gebaut, für eine Million Dollar. Menschenrechtsorganisationen kritisieren das, angesichts dessen, dass etwa 40 Prozent der Timoresen in Armut leben.
In Dili wird der Papst bei Monsignore Sprizzi übernachten, in der neugebauten Vertretung des Vatikans. "Sein Apartment ist fertig. Wir haben gerade noch den Lift eingebaut, so dass er komfortabel seine Räumlichkeiten erreichen kann."
Katholiken unterstützen den Widerstand gegen Indonesien
Als Indonesien Osttimor 1975 besetzte, waren nur 20 Prozent der Bevölkerung katholisch. Dass heute fast alle Timoresen Katholiken sind, liegt vor allem daran, dass die katholischen Priester, Nonnen und Missionare im Unabhängigkeitskampf auf der Seite der timoresischen Bevölkerung standen.
Sie unterstützten die Widerstandskämpfer und boten Schutz in einem Kampf, der etwa 200.000 Menschenleben kostete - etwa ein Viertel der damaligen Bevölkerung. Zudem erließen die indonesischen Besatzer ein Gesetz, das besagte, dass jeder Timorese eine Religion auswählen musste. Das brachte der katholischen Kirche viele neue Mitglieder, die der Kirche bis heute treu sind.