Menschen stehen in den Trümmern von zerstörten Häusern.

Krieg in Nahost Israel rückt im Gazastreifen weiter vor

Stand: 06.11.2023 20:14 Uhr

In Nahost geht der gegenseitige Beschuss von Israel und militanten Islamisten weiter. Israels Armee rückte auf Gaza-Stadt vor, aus dem Libanon feuerte die Hisbollah erneut Raketen auf Israel ab.

Am späten Nachmittag ertönte entlang des Küstenabschnitts im Norden Israels Raketenalarm - von Naharia über Akkon bis nach Haifa. Rund 30 Raketen seien vom Libanon aus abgefeuert worden, sagte ein israelischer Armeesprecher. Die eigenen Streitkräfte hätten mit Artilleriebeschuss reagiert. Damit wurden erstmals seit Kriegsbeginn Raketen aus dem von der Hisbollah beherrschten Süden des Libanons deutlich weiter abgefeuert als lediglich in das Grenzgebiet.

Am Nachmittag teilte das palästinensische Gesundheitsministerium im Hamas-beherrschten Gazastreifen mit, dass seit Kriegsbeginn 10.022 Menschen getötet worden seien, etwa drei Viertel von ihnen seien Frauen, Kinder und ältere Menschen gewesen. Die israelische Armee forderte Anwohner im Nordteil des Gazastreifens erneut auf, über einen vier Stunden lang offen gehaltenen Fluchtweg in den Süden zu fliehen. Nach Schätzungen der US-Regierung befinden sich noch 350.000 bis 400.000 Menschen im eingeschlossenen Nordteil.

Israelische Armee hat Palästinenser-Gebiet in zwei Hälften geteilt und Gaza-Stadt damit umzingelt

Gabriele Dunkel, ARD Tel Aviv, tagesthemen, 06.11.2023 23:10 Uhr

Anwohner berichten von schwerstem israelischen Beschuss

Die gesamte Nacht über habe es den bislang schwersten Beschuss der israelischen Streitkräfte aus der Luft, von der Seeseite und vom Boden aus gegeben, berichteten mehrere Anwohner. In Deir al Balah, im Südteil des nunmehr durchtrennten Gazastreifens, zeigten Aufnahmen der Nachrichtenagentur Reuters, wie Anwohner nach einem Luftangriff Dutzende weiße Leichensäcke in einem Innenhof ablegten.

Einer der Männer, die verschüttet wurden und gerettet werden konnten, sagte: "Sie wurden alle zu Märtyrern, und diejenigen, die nicht zu Märtyrern wurden, sind verwundet. Wie man sieht, sagt das Bild mehr als Worte."

"Man ist jetzt im Bereich Häuserkampf", Oliver Mayer-Rüth, ARD Tel Aviv, über die Strategie des israelischen Militärs

tagesthemen

Die israelischen Streitkräfte erklärten am Nachmittag, dass die Einheiten von Norden und Süden nach Gaza-Stadt vorrückten, auch die Luftangriffe würden verstärkt. Ziel der Operationen sei es, den Druck auf Gebiete zu erhöhen, die als Hochburgen der Hamas gelten, darunter das Shifa-Krankenhaus und das Flüchtlingslager Shati. Auf dem weiträumigen Gelände des Krankenhauses haben Zehntausende Menschen Zuflucht gesucht.

Netanyahu: "Der grausamste Feind seit dem Holocaust"

Israels Premierminister Benjamin Netanyahu sagte in Jerusalem, Israel kämpfe gegen einen Feind, "der der grausamste Feind ist, den wir seit dem Holocaust gesehen haben". Während Israel alles in seiner Macht Stehende tue, um die Zivilisten aus der Gefahrenzone zu bringen, tue die Hamas alles, um sie in der Gefahrenzone zu halten, manchmal mit vorgehaltener Waffe. "Wir werden also handeln", sagte Netanyahu. "Und zwar nicht nur im Rahmen unseres Rechts auf Selbstverteidigung, sondern um unsere gemeinsamen Werte und unsere Zukunft zu verteidigen. Aber auch so, dass die Opfer in der Zivilbevölkerung so gering wie möglich gehalten werden."

35 jüdische und arabische Menschenrechtsgruppen in Israel riefen derweil die Regierung in einem offenen Brief auf, eine politische Lösung anzustreben. Es sei offensichtlich, dass es keine militärische Lösung in diesem Konflikt gebe.

Clemens Verenkotte, ARD Tel Aviv, tagesschau, 06.11.2023 18:21 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete am 06. November 2023 Inforadio um 18:05 Uhr und die tagesschau um 20:00 Uhr.