EU-Außenminister beraten Sanktionen EU unter Druck, mehr Druck auszuüben
Erstmals seit dem Absturz der Boeing 777 über der Ostukraine treffen sich heute die EU-Außenminister, um über eine Verschärfung der Sanktionen gegen Russland zu beraten. Vielen geht der Druck der Europäer auf Moskau nicht weit genug.
Erst in einigen Wochen, Monaten oder vielleicht sogar Jahren wird sich mit Sicherheit sagen lassen, ob der mutmaßliche Abschuss von Flug MH17 einen Wendepunkt im Ukraine-Konflikt darstellte. Doch es bereits jetzt gibt es Einiges, was dafür spricht.
"Dies wird ganz sicher ein Weckruf für Europa und für die Welt sein", sagte US-Präsident Barack Obama - dahingehend, dass ein "eskalierender Konflikt" in der Ostukraine "Konsequenzen" nach sich ziehe und nicht örtlich begrenzt bleibe. Obama erinnerte die EU fast beschwörend daran, dass für sie viel auf dem Spiel stehe. Die USA wünschen sich von der EU seit Längerem drastischere Maßnahmen im Umgang mit Russlands Präsident Wladimir Putin.
Ukraine sieht "globale Bedrohung"
Auch der ukrainische Premier Arseni Jazenjuk betonte, dies sei kein Konflikt zwischen der Ukraine und Russland, sondern eine "globale Bedrohung". Oberstes Ziel der ganzen Welt müsse es sein, "die russische Aggression zu stoppen."
Bei der EU sind tiefer gehende Maßnahmen ohnehin im Gespräch: "Der EU-Gipfel vergangene Woche hat eine neue Sanktionsrunde beschlossen", sagte der neue britische Außenminister Philip Hammond. "Jetzt wollen wir uns ansehen, ob die Maßnahmen noch weiter gehen sollten - im Lichte dessen, was passiert ist." Hammond warnte Russland davor, zu einem "Paria-Staat" zu werden, zu einer "ausgestoßenen Nation" also. Großbritannien wirbt - gemeinsam mit Polen und den baltischen Staaten - innerhalb der EU schon länger für ein entschlosseneres Auftreten gegenüber Russland.
Deutschland und Frankreich eher vorsichtig
Deutschland und Frankreich gehörten bislang eher zu den vorsichtigeren Akteuren: "Deutschland ist sehr viel pro-russischer als viele denken", sagte Stephanie Hare, Politologin von "Oxford Analytica". Die wirtschaftlichen Bindungen zu Russland seien stark, zudem sei die Bundesrepublik im Energie-Bereich verletzlich.
Frankreich habe zu Russland Beziehungen im Verteidigungs-Sektor: Es werde bis Oktober ein Mistral-Kriegsschiff an Russland ausliefern und sei entschlossen, das Geschäft abzuwickeln. "Es trainiert derzeit russische Seeleute." Obwohl andere Länder wiederholt ihr Missfallen geäußert hatten, hält Frankreich an dem Rüstungs-Deal fest, der Russland zwei neue Kriegsschiffe bescheren würde, die Hubschraubern das Starten und Landen ermöglichen.
Stellt die EU das Geschäft über die Moral?
Kritiker sagen, wenn die EU nicht aufpasse, werde sie sich eines Tages vorwerfen lassen müssen, im Ukraine-Konflikt das Geschäft über die Moral gestellt zu haben - nicht nur mit Blick auf den Rüstungs-Deal. Dass die EU-Außenminister sich bereits heute darauf einigen, ganze russische Wirtschaftszweige zu bestrafen, gilt als unwahrscheinlich. Um eine Ausweitung der Sanktionen allerdings dürften die Europäer nur schwer herumkommen.