Rede vor der EVP Merkel will EU-Parlament an einem Ort
Bundeskanzlerin Merkel hat ihre Forderung nach einem Umbau der EU bekräftigt. Neben einer Reform der Außen-, Wirtschafts- und Flüchtlingspolitik will sie auch den Standort des Europäischen Parlaments angehen.
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat sich für tiefgreifende Reformen der EU-Institutionen ausgesprochen. Die CDU-Chefin forderte in einer Grundsatzrede bei der Klausurtagung der Europäischen Volkspartei EVP in München, die Arbeit des Europäischen Parlaments auf einen Standort zu konzentrieren.
Derzeit sind es drei Standorte: In Brüssel und Straßburg finden die Sitzungen statt, in Luxemburg ist ein Großteil des Verwaltungsapparates zu Hause.
Vor allem Frankreich leistet erbitterten Widerstand, den Standort Straßburg aufzugeben, obwohl Politiker aller Fraktionen des Parlaments dies befürworten. Sie reisen einmal im Monat mit allen Mitarbeitern und Akten nach Straßburg, was Millionenkosten verursacht.
Zur Entschädigung der bisherigen Standorte schlug Merkel vor, einen EU-Gipfel pro Halbjahr im Land der jeweiligen Ratspräsidentschaft abzuhalten.
"Ich glaube, Europa steht am Scheideweg"
Merkel bekräftigte auch ihre Vorschläge, die EU-Kommission zu verkleinern und künftig bei Europawahlen sogenannte transnationale Listen zu nutzen, also Kandidatenlisten, für die EU-Bürger unabhängig vom Heimatland stimmen können. Nur dann machten auch Spitzenkandidaten wirklich Sinn.
"Das institutionelle Gefüge passt noch nicht", sagte Merkel. "Ich glaube, Europa steht am Scheideweg", sagte die Kanzlerin. Bleibe die EU stehen, werde sie im globalen Gefüge zerrieben. Stattdessen müsse die EU als einige Gemeinschaft ein umfassendes Sicherheitsversprechen für die Europäer einlösen.
"Brauchen wirkliche Fluchtursachenarbeit"
Eindringlich forderte die Kanzlerin eine Reform der europäischen Flüchtlingspolitik - eine Aufgabe, bei der die EU-Innenminister noch nicht vorangekommen sind. "Wenn es uns nicht gelingt, eine gemeinsame Antwort auf Fragen der illegalen Migration zu finden, dann werden die Grundfesten der Europäischen Union infrage geraten", sagte Merkel. "Deshalb ist wirklich hier Handeln geboten."
Sie erneuerte ihre Forderungen nach einem einheitlichen europäischen Asylsystem und mittelfristig auch einer europäischen Asylbehörde. Um die Zuwanderung nach Europa dauerhaft zu verringern und kontrollieren zu können, reichten aber weder eine europäische Grenzpolizei noch Abkommen mit anderen Staaten, sagte Merkel. "Wir brauchen eine wirkliche Fluchtursachenarbeit, wir brauchen Entwicklungschancen in den Herkunftsländern."
"Europa muss sich wie ein globaler Akteur verhalten"
Merkel ging in ihrer Rede auch auf andere Vorschläge für die Zukunft Europas ein, die sie am Wochenende in einem Interview der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung" gemacht hatte. Aus dem bisherigen Eurorettungsschirm soll ein europäischer Währungsfonds werden. Für eine schlagkräftige Außenpolitik will sie einen europäischen Sicherheitsrat, der im Rotationsprinzip etwa zehn Mitglieder haben und rasch Entscheidungen treffen soll.
Bleibe die EU stehen, werde sie im globalen Gefüge zerrieben, warnte Merkel. "Wenn Europa ein globaler Akteur sein will, dann muss es sich auch wie ein globaler Akteur verhalten." Das erfordere Mühe, Mut und Entschlossenheit - "und kostet auch Geld".