Vor EU-Rede in Straßburg Zweiter Anlauf von "Reformer Macron"
Die EU-Vision von Frankreichs Präsident Macron wurde von vielen Politikern gelobt. Doch passiert ist wenig. Heute spricht Macron in Straßburg - wieder soll es um die EU gehen.
Für Emmanuel Macron ist es eine Premiere und ein Heimspiel. Denn er wird heute zum ersten Mal vor dem Europaparlament in der französischen Stadt Straßburg eine Rede halten. Macrons Auftritt wird mit Spannung erwartet, denn viele Europaabgeordnete sehen in ihm noch immer einen Hoffnungsträger, der sich für ein modernes Europa und gegen Populismus und EU-Feindlichkeit stark macht. "Ich würde mir wünschen, dass Macron in seine Rede schwungvoll reingeht. Dass er mit Elan seine Reformvorschläge verteidigt", sagt Ska Keller, die Co-Vorsitzende der Grünen im Europaparlament.
In seiner Rede an der Pariser Sorbonne vor gut einem halben Jahr hatte der französische Präsident eine engere Zusammenarbeit in der Wirtschafts-, Verteidigungs- und Sicherheitspolitik in Europa eingefordert. Sozial- und Steuersysteme sollten seiner Ansicht nach näher zusammenrücken. Es sollte künftig einen einheitlichen Mindestsatz für Unternehmensteuern geben. Und Macron sagte, er wolle ein europäisches Asylamt einführen, das die Verfahren beschleunigen und angleichen soll.
Von hohem Reform-Tempo keine Spur
Macron hat eine echte Vision für die Zukunft der EU, meint der SPD-Europaabgeordnete Jo Leinen. Als einer der ganz wenigen hochrangigen Politiker habe er grundlegende Vorschläge gemacht, wie die Europäische Union enger zusammenwachsen könne.
Doch der französische Präsident erntet für seine Reformvorschläge nicht nur Applaus. Seine Idee eines neuen Finanzministers, der für die 19 Länder zuständig sein soll, die den Euro als Währung haben, und sein Vorschlag eines eigenen Haushalts für die Eurozone stoßen bei vielen auf Widerstand - vor allem bei Abgeordneten von CDU und CSU im Europaparlament.
Auch bei der geplanten Bankenunion sträubt sich Deutschland - besonders gegen eine gemeinsame Einlagensicherung. Im Juni will die Bundesregierung wieder in die Diskussion einsteigen, hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel beim EU-Gipfel im März angekündigt. Von hohem Reform-Tempo also keine Spur. Merkel sieht bereits einen Fortschritt darin, dass der Euro-Rettungsschirm ESM nicht nur hin und wieder, sondern dauerhaft aufgespannt werden soll. "Ich glaube, dass wir schon einige strukturelle Ideen entwickeln konnten, gerade auch, dass der ESM umgebaut wird in eine neue Institution."
Wunsch und Wirklichkeit
Die Grünen im Europaparlament werfen der Bundesregierung Blockade-Politik vor. Union und SPD bremsten den Umbau der Euro-Zone und damit die Zukunft Europas. Wir brauchen dringend mehr Reformeifer in der Europäischen Union, fordert die Grünen-Politikerin Keller. Und genau dafür stehe Macron. Er könne klarmachen, dass es dringend Reformen brauche - "dass endlich mal was angegangen wird", hofft Keller.
Echte Reformen gab es bislang nur wenige, wenn es ums große Geld ging. Und so wird Macron heute im Europaparlament in Straßburg wohl den Fortschritt und die Einheit Europas beschwören. Doch Wunsch und Wirklichkeit liegen hier noch weit auseinander.