Merkel trifft EU-Kommissionspräsident Juncker Konflikte? Welche Konflikte?
Griechenland, Ukraine und TTIP - das waren die Themen des ersten Besuchs der Kanzlerin bei der neuen EU-Kommission. In allen Punkten demonstrierten Merkel und EU-Kommissionschef Juncker Einigkeit. Von Konflikten wollten beide nichts wissen.
Von Kai Küstner, ARD-Hörfunkstudio Brüssel
Mit einem Küsschen rechts, Küsschen links bedachte EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker die deutsche Kanzlerin Angela Merkel zur Begrüßung. Und die strahlte bis über beide Ohren. Nach außen hin sollte nicht die Spur eines Verdachts aufkommen, dass hier ein Paar vor den Fotografen posierte, das bisweilen keine ganz einfache Beziehung pflegt - obwohl beide Christdemokraten sind.
"Ich bewundere den Starrsinn einiger Journalisten der überregionalen deutschen Medien, die dauernd schwerste Konflikte zwischen der Bundeskanzlerin und dem Kommissionspräsidenten ausmachen", kritisierte Juncker. "Mir sind die nicht aufgefallen." Merkel pflichtete ihm bei: "Die Gespräche zwischen Juncker und mir - das braucht man eigentlich gar nicht zu betonen, das ist, wie man so schön sagt, Eulen nach Athen zu tragen - sind freundschaftlich und immer geprägt davon, dass wir ein gutes Ergebnis für Europa erreichen wollen."
Neues Hilfspaket für Griechenland? Erst mal nicht
Es ist kein Geheimnis, dass Merkel und Juncker sich nicht immer einig darüber waren, wie viel Spielraum die Griechen beim Sparen bekommen sollen. Heute jedoch herrschte Einvernehmen darüber, lieber noch nicht über ein neues, drittes Milliarden-Hilfspaket ab Sommer zu sprechen, solange das laufende noch gar nicht umgesetzt ist. "Wir haben im Augenblick alle Hände voll zu tun, dieses erfolgreich voranzubringen", sagte Merkel. Und Juncker sekundierte, es sei "verfrüht", über ein drittes Hilfsprogramm zu spekulieren. "Das sollte man tunlichst unterlassen."
Merkel und Juncker betonen Wichtigkeit von TTIP
Auf's Tempo drücken die Kanzlerin und der EU-Kommissionschef beim Freihandelsabkommen mit den USA (TTIP). Beide wollen, dass der Handelspakt bis Ende des Jahres abgeschlossen ist. "Ich habe das hier in den Diskussionen unterstrichen und habe gesagt, dass die Kommission das nur schaffen kann, wenn sie die entsprechende Unterstützung von den Mitgliedsstaaten bekommt", erklärte Merkel. Sie habe die Unterstützung Deutschlands angekündigt.
Juncker betonte, er sei der Auffassung, dass die EU dieses Abkommen mit den USA brauche. "Wobei klar ist, dass die EU-Kommission nicht den Auftrag hat, europäische Werte auszuverkaufen", unterstrich er. Gerade in Deutschland ist das Abkommen umstritten. Viele Bundesbürger fürchten, Verbraucher- und Umwelt-Standards könnten leiden.
Neue Sanktionen gegen Russland?
Naheliegend war, dass auch das Verhältnis der EU zu Russland und die Ukraine-Krise Gesprächsthema sein würde. Sowohl Brüssel als auch Berlin setzen darauf, dass die Vereinbarungen von Minsk umgesetzt werden. "Wenn das Maßnahmenpaket von Minsk stark verletzt wird, stehen der Europäische Rat und die Kommission bereit, um weitere Sanktionen vorzubereiten beziehungsweise zu verabschieden." Juncker unterstrich derweil noch einmal seiner Überzeugung, "dass wir die Gesprächskanäle nach Moskau nicht nur offen halten sollten, sondern auch nutzen sollten."
Dem Treffen von Brüssel war bereits am Montag eines in Berlin vorausgegangen. Juncker sprach davon, dass dies für ihn eine "richtige Merkel-Woche" sei. Es war ihm sichtlich ein Anliegen, noch einmal zu betonen, die Gespräche seien freundschaftlich und über weite Strecken auch sehr einvernehmlich verlaufen.