Brexit-Debatte im Unterhaus May ohne Mehrheit - Deal ohne Chance
Premier May sieht derzeit keine Chance, das Brexit-Abkommen durchs Parlament zu bringen. Vorerst legt sie es daher nicht zur Abstimmung vor. Bestimmen nun die Abgeordneten den Brexit-Kurs?
Theresa May hatte nach einer Kabinettssitzung am Morgen zunächst noch einmal versucht, die kleine Partei der nordirischen Protestanten auf ihre Seite zu ziehen. Doch nach dem Telefonat mit DUP-Chefin Arlene Foster hieß es, es gebe keine Bewegung. Anschließend sprach May mit Oppositionsführer Jeremy Corbyn - auch von ihm gab es keine Andeutung, dass die Labour-Fraktion ihr Nein überdenken könnte.
Danach ging die Premierministerin ins Parlament und räumte ein, dass immer noch keine Mehrheit für das mit Brüssel ausgehandelte Brexit-Abkommen in Sicht sei: "Ich glaube weiter daran, dass es der richtige Weg für Großbritannien ist, die EU am 22. Mai mit einem Austrittsabkommen zu verlassen. Aber ich muss mit großem Bedauern feststellen, dass es nach der jetzigen Lage der Dinge keine genügende Unterstützung im Unterhaus gibt, um das Abkommen noch einmal zur Abstimmung zu stellen."
Der Gipfel in Brüssel hatte beschlossen, dass Großbritannien am 22. Mai die EU verlässt, wenn das britische Parlament in dieser Woche das ausgehandelte Abkommen absegnet. Wenn nicht, wird der ursprünglich für den 29. März geplante Austritt lediglich auf den 12. April verschoben.
No Deal weiterhin möglich
May erklärte heute, dieser neue Termin gelte auch ohne Zustimmung des Unterhauses: "Der neue Austrittstermin ist jetzt internationales Recht. Wenn das Unterhaus dazu die Zustimmung verweigert, hat das keine Wirkung auf den Termin unseres Austritts." Das heißt auch: Ein No-Deal-Brexit, ein ungeregelter Austritt am 12. April, ist weiterhin nicht ausgeschlossen.
Eine überparteiliche Gruppe von Abgeordneten will am Abend beantragen, in mehreren Testabstimmungen auszuloten, ob es für eine Austrittsalternative eine Mehrheit gibt. Die Optionen reichen vom No Deal, also dem ungeregelten Brexit, über eine enge Anlehnung an die EU bis hin zu einer erneuten Volksabstimmung und einer Rücknahme der Kündigung der EU-Mitgliedschaft.
Corbyn wirbt für engere Anbindung an EU
Diese Testabstimmungen sollen dann am Mittwoch stattfinden. May zeigte sich heute skeptisch, dass eine dieser Optionen eine Mehrheit bekommt. Ein No-Deal-Brexit wird damit wahrscheinlicher. Oppositionsführer Corbyn warb noch einmal für den Plan seiner Partei, der eine engere Anbindung an die EU nach dem Austritt vorsieht.
Sollte dieser Plan keine Unterstützung finden, dann werde sich die Labour Party für eine neue Volksabstimmung über die EU-Mitgliedschaft einsetzen, so Corbyn: "Wenn die Regierung darauf nicht eingeht, werden wir Maßnahmen für eine Volksabstimmung unterstützen, um einen No-Deal-Brexit oder einen chaotischen konservativen Brexit zu stoppen. Es ist Zeit, das von der Regierung angerichtete Chaos aufzuräumen. Es ist Zeit, dass das Parlament jetzt zusammenarbeitet und sich auf einen Plan B einigt."
Alternativen wie ein neues Referendum würden aber Zeit brauchen, eine lange Verschiebung des Austritts und die Teilnahme Großbritanniens an der Wahl zum EU-Parlament.
Rücktritt? Putsch? Gerüchte!
Von einem Rücktritt der Premierministerin war erst einmal nicht mehr die Rede. Zeitungsberichte über einen Putsch ihrer eigenen Partei haben sich zunächst nicht bestätigt. Im Kabinett gab es heute keinen Minister, der Mays Rücktritt forderte. Ansonsten aber bleibt auch an diesem Tag in Sachen Brexit alles offen.