Bericht zu Angriff auf Kibbuz Beeri Wo war die Armee?
Sie kämpften stundenlang gegen die Hamas-Terroristen - allein und ohne Hilfe der Armee. Am Ende starben am 7. Oktober mehr als 100 Menschen im Kibbuz Beeri. Nun räumt das Militär Versäumnisse ein. Aber reicht das den Überlebenden?
Für die ehemaligen Bewohner des Kibbuz Beeri, das an den Gazastreifen grenzt, war es das erste Mal, dass sie vom Militär Antworten bekamen. Auf Fragen, die die Überlebenden seit neun Monaten quälen: Wo war die israelische Armee als Hunderte Hamas-Terroristen den Kibbuz überfielen, mehr als 100 Bewohner töteten, 30 verschleppten? Warum war die Gemeinde den Terroristen stundenlang ausgeliefert?
Armeesprecher Daniel Hagari fasste den Untersuchungsbericht der Armee zu den Versäumnissen in Beeri am 7. Oktober zusammen. "Die Armee hat versagt, die Bewohner des Kibbuz nicht beschützt", so Hagari. "Es ist schmerzhaft und schwer für mich, das zu sagen. Das Militär hätte Beeri verteidigen müssen."
Leider sei die Armee nicht da gewesen, sagte er. Viele Stunden hätten die Einwohner selbst versucht, ihre Familien mit ihren Körpern zu schützen. "Allein gegen die Terroristen."
Schwere Versäumnisse
Der Bericht räumt schwere Versäumnisse der Armee ein: So seien Hunderte Soldaten während der Kämpfe am Kibbuzeingang gewesen, aber nicht hineingegangen. Auch hätte die Armee erst verwundete Soldaten in Sicherheit gebracht, während Zivilisten in ihren Häusern getötet und entführt wurden. Soldaten hätten den Kibbuz während der Kämpfe verlassen, ohne Vorgesetzte zu informieren. Erst am späten Nachmittag des 7. Oktober sei es gelungen, Beeri zurückzuerobern. Der Angriff hatte morgens um 6:30 Uhr begonnen.
Ziva Jelin ist die Tochter eines der Gründer des Kibbuz Beeri und Künstlerin. Sie hat den Angriff überlebt. "Wir haben elf Stunden in unserem Haus gesessen, keinen Mucks gemacht, nur geflüstert, damit niemand weiß, dass wir da sind", erinnert sie sich. "Wir haben gehört, wie sie auf Arabisch schreien, rennen, die Schüsse. Mein Sohn war in der Armee. Er war mit seinem Handy in Kontakt mit Freunden in der Armee, hat ihnen Koordinaten von Häusern geschickt, wo sie Familien helfen sollten."
Wo bleiben die Antworten?
Viele Nachbarn von Jelin wurden getötet. Obwohl sie neben der Stelle wohnte, wo die Terroristen durch den Zaun brachen, liefen die in eine andere Richtung. Das habe sie gerettet, sagt sie.
Auch Amit Solve hat überlebt. Er ist der amtierende Vorsitzende des Kibbuz. Für ihn sei es sehr wichtig, dass die Armee jetzt die Verantwortung übernimmt. Dennoch seien Fragen offen geblieben. "Sie haben eine Untersuchung gemacht. Das soll mich in der Zukunft beruhigen", sagt er. "Aber wir haben keine Antwort darauf bekommen, warum die Armee nicht sofort da war. Warum wir allein gelassen wurden."
Von Terrroristen ermordet
Der Bericht deutet an, das Chaos in den ersten Stunden herrschte, als die Hamas Dutzende Orte parallel angriff, außerdem eine fehlende Kommandostruktur. Meir Zarbiv aus Beeri reicht das nicht. Am 7. Oktober töteten die Terroristen seine Schwester und seinen Bruder in der Nähe eines Hauses, in dem sich Terroristen mit Geiseln verschanzten. Die israelische Armee schoss mit einem Panzer auf das Haus, das einem Mann namens Pessi Cohen gehörte.
Die meisten Geiseln starben. Im Untersuchungsbericht schreibt die Armee, die Geiseln im Haus seien von Terroristen ermordet worden. Einwohner Zarbiv ist skeptisch. "Ich glaube, der Bericht ist eine Täuschung. Er kommt von der Armee, nicht von der Polizei, nicht vom Staat", sagt er. "Ich glaube nichts von dem, was da drin steht." Seine Schwester sei neben Pessis Haus getötet worden. Sein Bruder - ein Wachmann - zuerst. "Wo war die Armee?", fragt er. "Ich glaube keinem, nicht der Regierung, nicht der Armee."
Die Bewohner des Kibbuz Beeri fordern eine unabhängige Untersuchung. Sie hätten das Vertrauen in die Armee am 7. Oktober verloren, sagen sie. Vor allem wollen sie wissen, wie sie sich wieder sicher fühlen können, falls sie nach Beeri zurückkehren.