Nach Angriff auf Hilfskonvoi Israels Armee entlässt zwei Offiziere
Personelle Konsequenzen nach dem israelischen Drohnenangriff auf einen Hilfskonvoi in Gaza: Die Armee hat zwei Offiziere entlassen. In einem Untersuchungsbericht ist von "schwerwiegendem Versagen" die Rede.
Als Reaktion auf den tödlichen Angriff auf sieben Mitarbeiter einer Hilfsorganisation im Gazastreifen hat Israel zwei Offiziere entlassen. Generalstabschef Herzi Halevi habe entschieden, einen verantwortlichen Kommandeur sowie den Stabschef der zuständigen Brigade von ihren Positionen zu entlassen, teilte das Militär mit.
Zudem seien mehrere ranghohe Kommandeure gerügt worden. Eine Untersuchung des Vorfalls vom Montagabend habe ergeben, dass die Streitkräfte fälschlicherweise davon ausgegangen seien, sie würden Hamas-Kämpfer angreifen, als sie drei Fahrzeuge der US-Hilfsorganisation World Central Kitchen (WCK) mit Drohnen angegriffen hätten.
Internationaler Druck ist massiv
Dabei sei es zu Verstößen gegen Standardverfahren gekommen. "Der Angriff auf die Hilfsfahrzeuge ist ein schwerer Fehler, der auf ein schwerwiegendes Versagen aufgrund einer falschen Identifizierung, fehlerhafter Entscheidungen und eines Angriffs entgegen den Standardverfahren zurückzuführen ist", heißt es in der Erklärung des Militärs. Die Untersuchungsergebnisse würden darauf hindeuten, dass der Vorfall nicht hätte passieren dürfen.
Anfang der Woche hatten israelische Streitkräfte bei einem Luftangriff im Gazastreifen sieben Mitarbeiter von World Central Kitchen getötet, deren Fahrzeuge nach Angaben der Organisation deutlich gekennzeichnet waren. Der ohnehin schon erhebliche internationale Druck auf Israel wegen der mangelnden Versorgung der palästinensischen Zivilbevölkerung hat sich durch den Luftangriff auf die WCK-Mitarbeiter noch erhöht.
Israels Regierungschef Benjamin Netanyahu sprach nach der Attacke von einem "tragischen Zwischenfall", sprach jedoch keine Entschuldigung aus. Armeechef Halevi übernahm rasch die Verantwortung und räumte einen "schweren Fehler" ein. Anschließend wurde ein pensionierter General mit der Untersuchung betraut.
World Central Kitchen fordert Wandel
World Central Kitchen bezeichnete die Untersuchung des Militärs und die Entlassung der Offiziere als "wichtige Schritte nach vorn". Zugleich pochte die Hilfsorganisation auf grundlegende Veränderungen. "Ohne einen systemischen Wandel wird es weitere militärische Fehlschläge, weitere Entschuldigungen und weitere trauernde Familien geben."
Der Bericht zeige, dass das Militär "tödliche Gewalt ohne Rücksicht auf ihre eigenen Protokolle, ihre Befehlskette und ihre Regeln eingesetzt" habe. Das Militär habe darin auch eingeräumt, dass das Team der Hilfsorganisation "alle ordnungsgemäßen Kommunikationsverfahren" eingehalten habe.
Die Organisation bekräftigte einmal mehr ihre Forderung nach einer unabhängigen Untersuchung des Vorfalls durch Dritte. Ihre Einsätze im Gazastreifen blieben weiter ausgesetzt.
Polen will eigene Ermittler schicken
Bei den getöteten WCK-Helfern handelt es sich um britische, australische und polnische Staatsbürger, einen US-Kanadier mit doppelter Staatsangehörigkeit sowie einen palästinensischen Helfer. Der Angriff löste eine Krise im polnisch-israelischen Verhältnis aus. Regierungschef Donald Tusk erklärte, der Vorfall sowie die öffentliche Reaktion der israelischen Regierung stellten die Solidarität mit Israel "auf eine harte Probe".
Israels Botschafter in Warschau wurde deshalb heute im Außenministerium eine Protestnote überreicht. Jakov Livne habe sich für den Angriff entschuldigt, sagte Vize-Außenminister Andrzej Szejna nach der Unterredung.
In der Protestnote habe man deutlich gemacht, dass Israel gegen die für den Angriff auf den humanitären Konvoi verantwortlichen Soldaten nicht nur disziplinarrechtlich, sondern auch strafrechtlich ermitteln müsse, sagte Szejna. "Das war keine Kriegshandlung, das war Mord." Außerdem fordert Polen die Zahlung einer Entschädigung für die Familie des getöteten Helfers. Zudem müssten polnische Ermittler an der Aufklärung beteiligt werden, so Szejna.