EU-Innenminister-Treffen zur Flüchtlingspolitik Betroffenheit - aber keine Änderungen
Das Flüchtlingsdrama vor Lampedusa hat Europas Politiker betroffen gemacht - ihre Asylpolitik wollen sie dennoch nicht grundlegend ändern. Eine Arbeitsgruppe soll nun über weitere finanzielle Hilfen für die Mittelmeerländer beraten.
So betroffen und beschämt Europa nach dem massenhaften Tod von Flüchtlingen im Mittelmeer auch war - die EU sieht keinen Anlass, ihre Asylpolitik von Grund auf neu zu überdenken. Das wurde nach Abschluss des Innenministertreffen in Luxemburg klar. "Ich glaube, es ist deutlich geworden, dass wir in erster Linie die Seenotrettung im Mittelmeer verbessern wollen und verbessern müssen", erklärte Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich nach dem Treffen mit seinen EU-Kollegen.
Mittelmeerländer fordern mehr Unterstützung
Wie können wir Schleuserbanden das Handwerk legen? Auch das ist eine Frage, die Europa weiter bewegen wird. Genauso wie die, ob man nicht Mittelmeerländern wie Italien oder Spanien finanziell etwas mehr unter die Arme greifen müsse. Ein Thema, das auf besonderen Wunsch des italienischen Innenministers auf die Tagesordnung kam. "Angelino Alfano hat noch einmal dargestellt, dass die unmittelbaren Küstenregionen sehr stark belastet sind", so Friedrich.
Mit Themen wie diesen soll sich nun eine Arbeitsgruppe befassen, die Europa - auf italienischen Vorschlag hin - eigens dafür einrichtet. Die grundsätzlichen Fragen, die sich nach der Katastrophe im Mittelmeer aufdrängen, dürften aber unbeantwortet bleiben.
Bereits vor Beginn der Beratungen über die Situation an Europas Grenzen, hatte der deutsche Innenminister ziemlich deutliche Grenzen in der Frage gezogen, was Deutschland zu leisten bereit wäre: Mehr Flüchtlinge will Friedrich nicht aufnehmen. Entsprechenden Forderungen, zum Beispiel vom deutschen EU-Parlamentspräsidenten Martin Schulz, erteilte er eine ziemlich brüske Absage: "Ich habe gelesen, was Herr Schulz gesagt hat, und bin erstaunt über die mangelnde Sachkenntnis, die offensichtlich im Europäischen Parlament herrscht. Wir haben in Deutschland im vergangenen Jahr fast 80.000 Flüchtlinge aufgenommen. Wir werden in diesem Jahr die 100.000er Marke überschreiten." Deutschland sei das Land, das am meisten Flüchtlinge in Europa aufnehme, sagt Friedrich.
Deutschland nur im Mittelfeld
Hilfsorganisationen weisen immer wieder darauf hin, dass die Bundesrepublik in der Tat europäische Spitze bei den Asylbewerberzahlen ist. Gemessen an der Bevölkerungsgröße liege Deutschland allerdings nur im Mittelfeld. Gerade die ärmeren Mittelmeerstaaten wie Italien, Griechenland, Spanien hatten sich in der Vergangenheit wiederholt gewünscht, dass Flüchtlinge in Europa gerechter verteilt werden. In diese Richtung gehen auch Forderungen der EU-Kommissarin für Innenpolitik, Cecilia Malmström: "Heute gibt es sechs bis sieben Länder, die die gesamte Verantwortung schultern, wir sind aber 28", klagte Malmström am Rande des Ministertreffens.
Einen festen Schlüssel, nach dem Asylbewerber oder Kriegsflüchtlinge wie jetzt aus Syrien auf die einzelnen Mitgliedsstaaten verteilt werden könnten, gibt es nicht. Dafür sind die Widerstände - auch aus Deutschland - zu groß. Und daran wird sich so schnell nichts ändern. Die großen Stellschrauben der europäischen Flüchtlingspolitik, so fasst es ein Beobachter zusammen, lassen sich derzeit nicht drehen. Deshalb versucht man es mit den kleinen.