Hindernisse auf dem Weg Serbiens in die EU Erweiterung als Friedenspolitik
Seit Jahren dringt Serbien darauf, in die EU aufgenommen zu werden. Bei ihrem Besuch in Belgrad dämpfte Bundeskanzlerin Merkel jedoch die Erwartungen: Zunächst müsse der Dialog mit dem Kosovo wieder aufgenommen werden.
Von Christoph Prössl, NDR-Hörfunkstudio Brüssel
Am 26. Mai dieses Jahres äußerte sich der für Erweiterung zuständige EU-Kommissar Stefan Füle fast überschwänglich. Am Morgen hatten die serbischen Behörden Ratko Mladic festgenommen. Dem ehemaligen bosnisch-serbischen General werden Kriegsverbrechen vorgeworfen. Mittlerweile muss er sich vor dem Kriegsverbrechertribunal der Vereinten Nationen in Den Haag verantworten.
Die EU hatte die Auslieferung von Kriegsverbrechern zur Bedingung von weiteren Gesprächen über einen möglichen Beitritt Serbiens gemacht. "Der Gerechtigkeit sei gedient. Und ein großes Hindernis für Serbien auf dem Weg nach Europa sei weggeräumt", sagte der EU-Kommissar. "Ich habe mit Präsident Tadic gesprochen und habe ihm und den serbischen Bürgern gratuliert. Denn dies ist ein großer Tag für Serbien aber auch für den westlichen Balkan und für uns alle", sagte Füle. Nun sei es an der Zeit für Serbien, die Reformanstrengungen fortzuführen.
Konflikt an der Grenze zum Kosovo
Doch in Brüssel ist die Euphorie über die Bemühungen Serbiens, eines Tages der EU beitreten zu können, verflogen. Denn in den vergangenen Wochen wurde deutlich, wie groß die Hindernisse noch sind. An der grenze zwischen Kosovo und Serbien kam es zu Unruhen. Der Auslöser: Im Norden des Kosovo leben Serben. Es gab Streitigkeiten über Zollstempel und die Abfertigung von Waren. Serbien erkennt den Kosovo nicht als eigenständiges Land an. Kosovarische Sondereinheiten rückten an die Grenze vor, aufgebrachte Serben steckten einen Grenzposten in Brand.
Eine neue Chance für Serbien im Oktober?
Im Oktober soll die Kommission eine Stellungnahme verabschieden. Noch sei es zu früh zu sagen, wie diese ausfallen werde, teilte die Kommission auf Anfrage mit. Diese Empfehlung ist dann die Grundlage für die Diskussion der 27 Staats- und Regierungschefs der EU - möglicherweise noch im Dezember. Serbien könnte dann einen Kandidatenstatus erhalten, die Verhandlungen würden eröffnet. In einzelnen Kapiteln würde die EU Reformen in den Bereichen Wettbewerb, Justiz, Wirtschaft und so weiter anmahnen und den Reformprozess begleiten. Nur wenn alle Kriterien erfüllt sind, kann ein Land der Union beitreten.
Doch wie muss sich das Verhältnis zwischen Serbien und dem Kosovo entwickeln? Ist eine Anerkennung des Landes eine Voraussetzung für den Beitritt? Dazu teilte die Kommission schriftlich mit: "Die Anerkennung ist kein formales Kriterium für den Beitritt oder für den Beginn der Verhandlungen. Serbien muss seine Beziehungen zum Kosovo normalisieren. Gleichzeitig ist die regionale Kooperation ein wichtiges Kriterium, das für alle Kandidaten gilt. Die Kommission wird dies bei ihrer Stellungnahme berücksichtigen."
Die EU will die Tür offen halten
Die EU hat beide Seiten aufgefordert, den Streit beizulegen. Die Europäische Union setzt darauf, die Tür für Serbien nicht zuzuschlagen. Das würde Nationalisten Auftrieb geben. Serbien geriete in die Isolation. Der Konflikt zwischen den Völkern könnte sich verschärfen. Für die EU ist die Erweiterung in diesem Fall Friedenspolitik.