Weihnachtsansprache Charles' überraschend kritische Worte
Jahrzehntelang hatte die Queen die Weihnachtsansprache gehalten - nun war King Charles III. zum ersten Mal an der Reihe. Anders als seine Mutter mischte er sich politisch ein - mit Worten, die als Kritik an der Regierung aufgefasst werden können.
Es ist das erste Mal seit 70 Jahren, dass die Weihnachtsansprache wieder mit der Nationalhymne und dem Text "God Save the King" beginnt. In der St. Georges Chapel auf dem Gelände von Windsor Castle singt der Chor und auch Charles steht dort in der Kapelle, neben dem festlich geschmückten Weihnachtsbaum.
Sprach die Queen in den letzten Jahren immer aus ihrem Salon zum Volk, so hatte sich Charles den Ort ausgesucht, an dem seine Eltern, Königin Elizabeth und Prinz Philip, bestattet sind.
Eigene Akzente gesetzt
Die Queen nutzte in ihren Weihnachtsansprachen stets die Gelegenheit, verdienten Berufsgruppen und Menschen, die sich für wohltätige Zwecke engagieren, zu danken. Auch Charles tut das. Aber die Art und Weise, wie er gerade jene Berufsgruppen lobt, die das Land derzeit mit Streiks lahmlegen und von der Regierung wegen hoher Lohnforderungen angesichts hoher Inflation abgekanzelt werden, könnte man durchaus als Kritik an den politisch Handelnden verstehen.
Er dankt Pflegekräften, Lehrern und öffentlichen Angestellten für ihre Expertise und ihren Einsatz für die Gemeinschaft. Einem König steht es eigentlich nicht zu, politisch Stellung zu beziehen, aber Charles mischt sich eindeutig ein, meint die Historikerin und Königshausbeobachterin Kate Williams: "Er spricht ganz gezielt die Berufsgruppen an, die gerade in der Kritik stehen und übermittelt ihnen subtil Unterstützung. Das ist ganz klar eine Einmischung des Monarchen."
Am Morgen nahm die königliche Familie an der Weihnachtsmesse in Sandringham teil und knüpfte damit an eine Tradition an, die seit 2019 durch die Corona-Pandemie unterbrochen war.
Dank an alle, die helfen
Charles spricht über Krieg, Naturkatastrophen und Leid in der Welt, aber auch über Sorge und Armut im eigenen Land. Über den Bildschirm flimmern Bilder von Lebensmittelausgaben und Charles erwähnt jene, die ihre Rechnungen nicht bezahlen, ihre Familien nicht ernähren und warmhalten können. Der König dankt allen, die spenden und Zeit opfern, um in dieser Situation zu helfen.
Auch die Queen lobte stets Solidarität und Gemeinsinn in der Gesellschaft, aber wie Charles dazu aufruft, Nachbarn in der Not nicht im Stich zu lassen und Hunger zu mildern, zeichnet im Grunde das Bild eines Landes, in dem der Staat die Probleme nicht mehr im Griff hat. Charles' Biografin Catherine Mayer hatte dem ARD-Studio London schon im November in einem Interview gesagt, dass es den neuen König gegen die Regierung aufbringen würde, wenn er in seinem angeblich so reichen Land sehen müsste, dass Menschen täglich Hunger leiden.
Charles muss sich Gunst des Volkes noch erarbeiten
Als weltliches Oberhaupt der anglikanischen Kirche berichtet Charles von einer Reise nach Bethlehem, die ihn sehr bewegt habe. Er äußert den Weihnachtswunsch, das lebenspendende Licht möge Hoffnung für jeden Einzelnen bringen - ganz gleich, welchem Glauben man anhänge und selbst wenn man nicht gläubig sei - auch das ein Novum.
Königshausbeobachterin Williams meint, die enge Bindung zum Volk, die die Queen stets gehabt habe, müsse Charles sich nach wenigen Monaten im Amt noch erarbeiten. Aber mit dieser ersten Weihnachtsansprache sei er auf einem guten Weg: "Charles muss deutlich machen, dass er im Dienst des Volkes steht, dass er auch die Arbeiterklasse versteht, dass er Bodenhaftung hat." Bei der Queen sei das nicht bezweifelt worden, so Williams, aber Charles sei als einer gesehen worden, der ein Luxusleben führt. "Jetzt muss er deutlich machen, dass er die Sorgen und Nöte der einfachen Leute nachvollziehen kann."