Als Kind vor NS-Diktatur geflohen Maler Frank Auerbach gestorben
Mit einem Kindertransport kam Frank Auerbach vor dem Zweiten Weltkrieg nach Großbritannien und wurde dort zu einem der bekanntesten figurativen Maler des Landes. Nun starb Auerbach im Alter von 93 Jahren.
Frank Auerbach wurde im April 1931 in Berlin geboren. Acht Jahre später entschlossen sich seine jüdischen Eltern, den kleinen Jungen mit einem Kindertransport nach Großbritannien zu schicken. Er sah seine Eltern nie wieder, sie wurden Opfer des Holocaust. In einem seiner seltenen Interviews erinnerte sich Auerbach an seine kurze Kindheit in Berlin:
Ich erinnere mich nur sehr bruchstückhaft, wohl aber an die Angespanntheit in jener Zeit. An meine Eltern habe ich nur vage Erinnerungen. Aber ich weiß, dass ich schon sehr jung viel gemalt habe, was allgemein als amüsant empfunden wurde. Es elektrisierte mich, den Pinsel in Farbe zu tunken und sie aufs Papier zu bringen.
Auerbach wuchs in England auf dem Land auf, studierte Kunst und gründete 1954 mit seinem Studienfreund, dem Maler Leon Kossoff, ein Atelier in Camden Town in Nord-London. Dort arbeitete er in den vergangenen 70 Jahren bis zu seinem Tod quasi rund um die Uhr: "Ich weiß auch nicht, was mich antreibt, ich denke eine Art Muse", so Auerbach.
Zusammen mit den anderen Nachkriegskünstlern der "School of London", darunter Francis Bacon und Lucian Freud, konzentrierte Auerbach sich ungeachtet wechselnder künstlerischer Moden auf figurative Malerei und bedeckte Leinwände oft mit dicken Farbschichten, um nahezu abstrakte, aber erkennbare Landschaften zu schaffen.
Durchbruch bei der Biennale in Venedig
Die dicken Farbwülste waren Ausdruck seiner Unzufriedenheit. Er habe keine Bild beenden können, ohne dass er es "wirklich vollständig" fand, sagte Auerbach. "Ich habe immer wieder drübergemalt, etwas abgekratzt, wieder drübergemalt. Und so war es am Ende dieser dicke Farbauftrag.“
Den eigentlichen Durchbruch als anerkannter Künstler schaffte Auerbach 1986 im Alter von 55 Jahren mit der Gestaltung des britischen Pavillons auf der Biennale in Venedig. Gemeinsam mit Sigmar Polke erhielt er den Goldenen Löwen.
Rekordpreis im vergangenen Jahr
Heute gilt Frank Auerbach als einer der bedeutendsten Vertreter der figurativen Malerei in Großbritannien. Seine Werke sind in zahlreichen Sammlungen, von der Londoner Tate bis zur Royal Academy vertreten. Im vergangenen Jahr wurde "Mornington Crescent" - eine von vielen Straßenszenen rund um sein Haus in Camden - bei Sotheby’s zu einem Rekordpreis von 7,1 Millionen Dollar (6,7 Millionen Euro) verkauft.
Doch trotzdem hält Kunstkuratorin Catherine Lampert, die eine Biographie über Auerbach geschrieben hat, Auerbach im Vergleich zu seinen Künstlerfreunden Francis Bacon und Lucien Freud für unterschätzt. "Nur wenige seiner Werke sind in öffentlichen Sammlungen im Ausland, in Deutschland etwa ist mir keins bekannt", sagt die Kuratorin.
Lampert war eine der wenigen Menschen, die Frank Auerbach immer wieder gemalt hat. Seit über 40 Jahren saß sie für ihn regelmäßig Modell. Seine Frau Julia, die er auf der Kunsthochschule kennengelernt hatte und sein Sohn Jacob gehörten auch dazu. Auerbach reiste nicht gerne durch die Welt, konnte endlos seine Nachbarschaft erkunden, und war am glücklichsten, wenn er in aller Stille den Pinsel schwingen konnte.