Siljanovska-Davkova

Wahl in Nordmazedonien Wechselstimmung Richtung rechts

Stand: 24.04.2024 11:17 Uhr

Im Nordmazedonien wird heute ein neuer Staatspräsident gewählt. Die Kandidatin der oppositionellen Rechtspopulisten liegt in Umfragen deutlich vorn. Doch den Ausschlag könnte eine Minderheitspartei geben.

Gordana Siljanovska-Davkova ist 70 Jahre alt und eine kleine zierliche Frau. Laut Umfragen wird sie heute in der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen am stärksten abschneiden. Amtsinhaber Stevo Pendarovski von den mazedonischen Sozialdemokraten strebt eine zweite Amtszeit an. Doch im Land gibt es eine Wechselstimmung zugunsten der Nationalkonservativen.

Denn es gibt eine große Unzufriedenheit in Nordmazedonien, wo der Staatspräsident vom Volk gewählt wird: Die Wirtschaft stagniert, die Abwanderung ist groß und der EU-Beitritt Nordmazedoniens zieht sich seit fast 20 Jahren hin.

Parteilose Juraprofessorin

Mit fester Stimme spricht sie vor 50.000 begeisterten Anhängern auf dem Boulevard vor dem Regierungsgebäude in der Hauptstadt Skopje: "Ihr seid die Quelle unseres Stolzes, und deshalb stehe ich hier. Und jetzt frage ich Euch: Seid Ihr stolz auf Euren Präsidenten, auf Euren Premier auf den Parlamentspräsidenten?"

Die parteilose Siljanovska-Davkova ist Juraprofessorin an der Universität von Skopje und wurde von der nationalkonservativen Partei VMRO-DPMNE als Präsidentschaftskandidatin aufgestellt.

"Mazedonien soll wieder stolz sein"

Die Partei gilt als rechtspopulistisch, ist aber auf EU-Ebene ein Partner der Konservativen, auch der CDU. Ihr Wahlkampfslogan könnte vom ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump stammen: "Makedonija povtorno gorda" - Mazedonien soll wieder stolz sein.

"Wir werden stolz sein, wenn wir in einem anständigen Staat leben. In dem die Studenten bleiben, in dem es keinen Massenexodus mehr gibt", sagt Siljanovska-Davkova. "Wir wollen das Land zu neuen Siegen führen. Mazedonien muss wieder stolz sein."

Die Nationalkonservativen werfen den regierenden Sozialdemokraten vor, die mazedonische Identität verraten zu haben - für einen EU-Beitritt, der bislang ausgeblieben ist. 2019 wurde Mazedonien in Nordmazedonien umbenannt, um Griechenland zufrieden zu stellen.

Und nun blockiert Bulgarien die Beitrittsverhandlungen, weil es verlangt, dass Nordmazedonien den bulgarischen Ursprung seiner Geschichte, Kultur und Sprache anerkennt und die bulgarische Minderheit in die nordmazedonische Verfassung aufnimmt. Die VMRO-DPMNE hat diese Verfassungsänderung im Parlament blockiert.

Präsident warnt vor Folgen

Der amtierende Präsident Pendarovski liegt in den Umfragen zehn Prozentpunkte hinter Siljanovska-Davkova und wird aller Voraussicht nach zusammen mit ihr in die Stichwahl gehen.

Pendarovski warnt vor einem Erstarken der Nationalkonservativen: "Das würde bedeuten, dass Nordmazedonien nicht mehr voranschreiten kann auf dem Weg in die Europäische Union. Wir haben 17 Jahre darauf gewartet, die Beitrittsverhandlungen zu beginnen, und wir hatten gute Fortschritte gemacht. Und dann blockiert die VMRO-DPMNE die Verfassungsänderung, und plötzlich stecken wir wieder fest in der Ecke des Balkans, in der Ecke Europas."

Entscheidet die Albaner-Partei?

Doch auch wenn die nationalkonservative Kandidatin Siljanovska-Davkova laut Prognosen in der ersten Wahlrunde deutlich vor Pendarovsi liegt, heißt das noch nicht, dass sie auch Präsidentin wird. Es gibt sieben Kandidaten - und das Zünglein an der Waage waren bislang immer die albanischen Parteien.

Knapp ein Drittel aller Nordmazedonier sind ethnische Albaner. Einer ihrer wichtigsten Politiker ist Talat Xhaferi. Er war bis vor kurzem Parlamentspräsident und führt jetzt das Land als Interimspremier und Regierungschef in die Parlamentswahlen am 8. Mai.

Das Gesetz sieht vor, dass die nordmazedonische Regierungspartei kurz vor den Wahlen zurücktritt. Xhaferi hat mit seiner albanischen Mitte-Links-Partei DUI mit beiden regiert, zuletzt mit den Sozialdemokraten und davor mit der nationalkonservativen VMRO-DPMNE.

Xhaferi sagt, dass seine Partei jetzt nur jemanden unterstützen werde, der bereit ist, die Verfassung zugunsten der bulgarischen Minderheit zu ändern: "Gehen wir voran oder fallen wir zurück auf unserem Weg in die EU? Das wird die zentrale Frage aller Verhandlungen nach diesen Wahlen sein. Derjenige, der bereit ist voranzugehen, der wird unterstützt. Derjenige, der nicht bereit ist, kann auch nicht mit Unterstützung rechnen."

Bei der letzten Präsidentschaftswahl 2019 gab es eine Stichwahl mit demselben Duell: Pendarovski gegen Siljanovska Davkova. Pendarovski lag damals auch in der ersten Wahlrunde hinten und gewann dann mit der Unterstützung der albanischen Parteien. Doch dieses Mal steht er in den Umfragen etwas schlechter da.

Oliver Soos, ARD Wien, tagesschau, 24.04.2024 10:48 Uhr