US-Präsident Biden in Nordirland "Frieden und wirtschaftliche Chancen gehen zusammen"
In einer Rede in Belfast hat US-Präsident Biden an die Bedeutung des Karfreitagsabkommens erinnert. Nordirland sagte er wirtschaftlich eine große Zukunft voraus - und lobte das Brexit-Abkommen zwischen London und Brüssel.
US-Präsident Joe Biden hat bei einer Rede zum 25. Jahrestag des Karfreitagsabkommens in Belfast den Mut und die Entschlossenheit der Menschen in Nordirland gewürdigt.
"Im Rückblick vergessen wir, wie hart erarbeitet und wie erstaunlich der Frieden damals war", sagte Biden bei einer Ansprache an der Ulster University in der nordirischen Hauptstadt Belfast. Die USA hatten beim Zustandekommen des historischen Friedensschlusses eine wichtige Vermittlerrolle gespielt.
Biden prognostiziert Wirtschaftswachstum für Nordirland
"Ihre Geschichte ist unsere Geschichte", sagte Biden, der irische Vorfahren hat, an die Menschen in Nordirland gewandt. "Aber was noch wichtiger ist: Ihre Zukunft ist Amerikas Zukunft."
"Die einfache Wahrheit ist, dass Frieden und wirtschaftliche Chancen zusammengehen", betonte Biden. "Erhalten Sie den Frieden aufrecht, setzen Sie dieses unglaubliche wirtschaftliche Potenzial frei, das sich gerade erst auftut", mahnte er und sagte zu, die USA stünden beim Aufbau der Zukunft weiter an der Seite des britischen Landesteils.
Das Bruttoinlandsprodukt Nordirlands habe sich seit dem Friedensschluss 1998 verdoppelt, sagte Biden und betonte: "Ich sage voraus, dass es sich verdreifachen wird, wenn sich die Dinge weiter in die richtige Richtung bewegen." Viele amerikanische Unternehmen seien interessiert daran, in Nordirland zu investieren.
Frieden in Nordirland hat Priorität in den USA
Biden lobte die im Februar geschlossene Vereinbarung zur Beilegung des Streits zwischen London und Brüssel infolge des Brexits. Der US-Präsident bekräftigte zudem die Hoffnung, dass das Regionalparlament und die Regierung in Nordirland, die auf Grund einer Blockade der protestantisch-unionistischen Partei DUP derzeit handlungsunfähig ist, bald wieder funktionierten.
Den Frieden in dem britischen Landesteil zu bewahren sei eine Priorität für beide Parteien in den USA.
25 Jahre Karfreitagsabkommen
Das Karfreitagsabkommen von 1998 beendete den jahrzehntelangen blutigen Konflikt zwischen mehrheitlich katholischen Befürwortern der Vereinigung beider Teile Irlands und den überwiegend protestantischen Anhängern der Union Nordirlands mit Großbritannien.
Der US-Präsident rief dazu auf, das Jubiläum des Abkommens zu feiern und Schäden aus der Vergangenheit zu reparieren.
Biden bemühte sich bei seiner Rede, Aufbruchstimmung zu verbreiten. Dort wo einst Stacheldraht die Stadt geteilt habe, stehe heute die Ulster-Universität als Kathedrale des Lernens. Belfast sei heute ein Ort für Handel, Kunst und Inspiration. "Die Dividenden des Friedens sind überall um uns herum."
Das Land ist noch gespalten
Doch auch ein Vierteljahrhundert danach leidet Nordirland unter Spannungen und politischer Lähmung. Die DUP ist nicht mit den Brexit-Regeln einverstanden und weigert sich, in eine Regierung einzutreten. Auch das Parlament kann nicht zusammentreten.
In Belfast und Londonderry, das Katholiken nur Derry nennen, leben Katholiken und Protestanten noch immer in unterschiedlichen Stadtvierteln - getrennt durch meterhohe Mauern und Zäune, den "peace walls". Selbst Kindergärten und Schulen sind nach Konfessionen getrennt. Kurz vor dem Besuch Bidens kam es vereinzelt zu Ausschreitungen, bei denen ein Polizeiauto in Brand gesetzt wurde.
Biden wollte direkt nach der Rede in Belfast nach Dublin aufbrechen. In Irland will er neben Gesprächen mit verschiedenen Politikern auch auf Spurensuche seiner Vorfahren gehen.
Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Fassung hieß es, dass laut Biden "Frieden und Wohlstand zusammengehören". Richtig ist, dass er in diesem Zusammenhang von "wirtschaftlichen Chancen" und nicht von Wohlstand sprach. Wir haben das Zitat entsprechend korrigiert.