Russischer Angriff Ukraine ordnet allgemeine Mobilmachung an
Die Situation wird für die Ukraine immer schwieriger. Mehr als 130 Tote registrierte das Land nach dem ersten Tag der Invasion durch Russland. Präsident Selenskyj ordnete nun eine allgemeine Mobilmachung an.
Die Ukraine verteidigt sich weiterhin gegen die großflächigen russischen Angriffe. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj ordnete eine allgemeine Mobilmachung an. Die Anordnung sieht die Einberufung von Wehrpflichtigen und Reservisten vor, meldete die Agentur Unian unter Berufung auf das Präsidialamt in Kiew. Sie gilt 90 Tage lang.
"Wir müssen operativ die Armee und andere militärische Formationen auffüllen", sagte er. Bei den Territorialeinheiten werde es zudem Wehrübungen geben. Wie viele Männer betroffen sein werden, sagte er nicht. Zuvor hatte Selenskyj bereits eine Teilmobilmachung von Reservisten angeordnet.
18- bis 60-Jährige dürfen Land offenbar nicht verlassen
Nach ukrainischen Behördenangaben dürfen zudem männliche Staatsbürger im Alter von 18 bis 60 Jahren das Land nicht verlassen. Man werde sie nicht über die Landesgrenze lassen, teilte der Leiter der ukrainischen Zollbehörde in Lemberg, Danil Menschikow, mit. Er bat die Menschen, keine Panik zu verbreiten und nicht zu versuchen, eigenständig die Landesgrenze zu überqueren.
Nach dem ersten Tag des Angriffs meldete die Ukraine mehr als 130 Tote. "Heute haben wir 137 unserer Helden, unserer Bürger, verloren. Militär und Zivilisten", sagte Selenskyj in der Nacht zum Freitag in einer Videoansprache. Außerdem seien 316 Menschen bei den Gefechten verletzt worden. Nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR sind rund 100.000 Menschen in dem Land auf der Flucht.
Die russische Armee ist nach Einschätzung des ukrainischen Generalstabs bereits mit einem großen Teil ihrer versammelten Truppen in die Ukraine vorgestoßen. Ein Militärsprecher nannte die Zahl von 60 taktischen Bataillonsgruppen (BTG) aus Russland. Das sind hochflexible und schnelle Kampftruppen mit 600 bis 1000 Soldaten. Die russische Armee hatte nach ukrainischen Angaben etwa 90 solcher Gruppen für die Invasion zusammengezogen.
Warnung vor Saboteuren
Der Gegner konzentriere seine Truppen in den Gebieten Charkiw und Donezk im Osten sowie im Süden, sagte der Sprecher. Hauptziel scheine zu sein, die Hauptstadt Kiew zu blockieren. Außerdem wollten die gegnerischen Truppen einen Landkorridor von der Halbinsel Krim zu den Separatistengebieten im Osten herstellen. Weiteres Ziel sei ein Korridor in die Separatistenregion Transnistrien in der Republik Moldau. Es gebe Kämpfe in der südukrainischen Region Cherson.
Die russische Armee habe versucht, 200 Mann ihrer Luftlandetruppen auf dem Flugplatz Gostomel westlich von Kiew abzusetzen, sagte der Generalstabssprecher. Der ukrainischen Armee sei es gelungen, die Landung des Hauptkontingents abzuwehren. Bis in den Donnerstagabend hinein habe es Kämpfe mit der russischen Vorhut gegeben.
Auch von Belarus aus waren russische Verbände in Richtung der Hauptstadt Kiew vorgestoßen. Die Bundesregierung gab deshalb eine Reisewarnung für Belarus aus. Die Grenzübergänge zur Ukraine seien geschlossen, teilt das Auswärtige Amt mit.
UN-Mission gefordert
Die US-Regierung sieht den ukrainischen Präsidenten Selenskyj als ein "Hauptziel für russische Aggressionen". "Präsident Selenskyj verkörpert in vielerlei Hinsicht die demokratischen Bestrebungen und Ambitionen der Ukraine und des ukrainischen Volkes", sagte der Sprecher des US-Außenministeriums Ned Price dem Sender CNN. Daher bleibe er ein Hauptziel der Russen.
"Nach unseren Informationen hat mich der Feind zum Ziel Nr. 1 erklärt, meine Familie zum Ziel Nr. 2", sagte auch Selenskyj. Es gebe falsche Berichte, dass er Kiew verlassen habe. "Ich bleibe in der Hauptstadt, bleibe bei meinem Volk."
Selenskyj warnte vor russischen Saboteuren, die angeblich bereits in Kiew eingedrungen seien. Er forderte vom EU-Sondergipfel Unterstützung für eine UN-Friedensmission in seinem Land. Der UN-Sicherheitsrat will heute über einen Resolutionsentwurf zur Verurteilung des russischen Einmarschs in der Ukraine abstimmen.
Der ehemalige deutsche Brigadegeneral Erich Vad geht von einem baldigen Ende des Ukraine-Krieges aus. "Militärisch gesehen ist die Sache gelaufen. Und meine Bewertung ist, dass es nur um ein paar Tage gehen wird und nicht mehr", sagte der frühere militärpolitische Berater von Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Donnerstagabend in der ZDF-Sendung "maybrit illner Spezial".