Metropolit Pawlo vor Gericht in Kiew.

Ukrainisch-Orthodoxe Kirche 60 Tage Hausarrest für Abt des Höhlenklosters

Stand: 01.04.2023 22:05 Uhr

Seit Jahren wirft die ukrainische Regierung der Ukrainisch-Orthodoxen Kirche Verbindungen zu Russland vor. Einer Räumung des Kiewer Höhlenklosters widersetzen sich die Mönche bisher. Nun wird gegen den Abt ermittelt. Er muss 60 Tage in Hausarrest.

Die ukrainischen Behörden ermitteln gegen den Abt des Kiewer Höhlenklosters, Metropolit Pawlo, und werfen ihm Anstiftung zu religiösem Hass und Rechtfertigung des russischen Angriffskriegs vor. Am Samstag wurde zunächst das Haus Pawlos sowie das Kloster mit den markanten goldenen Kuppeln durchsucht.

Ein Kiewer Gericht gab später einem Antrag der Staatsanwaltschaft statt und entschied, dass der Klostervorsteher 60 Tage unter Hausarrest gestellt wird. Wie das Nachrichtenportal "Ukrajinska Prawda" berichtete, darf Pawlo bis zum 30. Mai sein Anwesen nahe dem Kiewer Flughafen nicht verlassen.

"Mir haben sie in zwei Worten gesagt, dass ich verdächtigt werde, für Russland zu arbeiten", hatte Pawlo zuvor in einem Video der russischen Staatsagentur Ria Nowosti gesagt. Er bestreitet die Anschuldigungen und bezeichnet sie als politisch motiviert. In ukrainischen Medien sagte Pawlo: "Ich verurteile alle Angriffe auf unseren Staat, und was Russland und Putin getan haben, ist nicht zu rechtfertigen."

Inlandsgeheimdienst erhebt schwere Vorwürfe

Der ukrainische Inlandsgeheimdienst SBU wirft Pawlo zudem vor, bei öffentlichen Auftritten wiederholt religiöse Gefühle von Landsleuten verletzt zu haben und eine feindselige Stimmung gegenüber Gläubigen anderer Konfessionen erzeugen zu wollen. Der SBU veröffentlichte Audiomitschnitte, auf denen Aussagen Pawlos zu hören sein sollen. Der Abt sorgt seit Jahren mit pro-russischen Positionen für Aufsehen.

Vor wenigen Tagen sprach er in einem Video auch gegen den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und drohte ihm die Verdammnis an. Gott werde dem Staatsoberhaupt den Rauswurf der Mönche aus dem Höhlenkloster "nicht verzeihen", so Pawlo.

Mönche ließen Räumungstermin verstreichen

Der Streit um die Verbindungen der Ukrainisch-Orthodoxen Kirche (UOK) nach Moskau schwelt bereits jahrelang und entwickelte sich parallel zum Krieg gegen die Ukraine. Jüngst hatte die ukrainische Regierung den Nutzungsvertrag für das Kiewer Höhlenkloster nicht verlängert, das auch Sitz der UOK ist.

Der Vertrag lief am 29. März aus, Pawlo und weitere Mönche des Klosters weigern sich jedoch, es zu verlassen. Sie bestehen auf ein Gerichtsurteil zur Räumung und haben Klage eingereicht. Der Staat, dem das Kloster gehört, wirft der Kirche vor, dort ungenehmigt mehrere Gebäude errichtet zu haben.

Nach der Durchsuchung bei Pawlo und im Kloster protestierten einige Gläubige vor dem Kloster gegen die Maßnahmen. Die Versammelten, darunter auch Geistliche, schwenkten religiöse Symbole und beteten. Eine Gruppe Gegendemonstranten stellte sich ihnen entgegen und schwenkte ukrainische Fahnen. Sie trampelten auf einem Foto herum, das Pawlo zusammen mit Putin zeigt.

Anhänger der ukrainisch-orthodoxen Kirche (links) und Gegendemonstranten (rechts) stehen sich vor dem Kiewer Höhlenkloster gegenüber.

Anhänger der Ukrainisch-Orthodoxen Kirche halten religiöse Bilder und protestieren gegen die Maßnahmen gegen das Kloster und Abt Pawlo.

Kirche mit Draht nach Moskau

Die UOK unterstand bis vor knapp einem Jahr dem Moskauer Patriarchen Kyrill I., der zu den Unterstützern des Angriffskriegs gegen die Ukraine und des russischen Präsidenten Wladimir Putin gehört. Erst im Mai 2022 sagte sich die UOK von Moskau los - die ukrainische Regierung bezweifelt allerdings die Ernsthaftigkeit dieses Schritts.

Dem Inlandsgeheimdienst SBU zufolge wurden seit 2022 sieben Geistliche der UOK wegen Kollaboration mit Russland verurteilt, etwa weil sie Informationen weitergegeben oder Positionen ukrainischer Streitkräfte verraten hätten. Zwei der Verurteilten seien mittlerweile bei Gefangenenaustauschen nach Russland überstellt worden und frei gekommen.

Alternative Kirche 2018 gegründet

Seit 2018 gibt es eine orthodoxe "Gegenkirche", die Orthodoxe Kirche der Ukraine (OKU). Sie war mit Unterstützung der Kiewer Regierung und des Ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel und orthodoxen Ehrenoberhaupts Bartholomaios I. gegründet worden. Der russische Patriarch Kyrill I. und die meisten anderen orthodoxen Patriarchen haben dies jedoch nicht anerkannt.

Einige vormals ukrainisch-orthodoxen Gemeinden haben sich von der UOK abgewendet und sind zur OKU übergetreten.

Rebecca Barth, Rebecca Barth, ARD Kiew, 02.04.2023 11:12 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 14. März 2023 um 17:37 Uhr.