Blockade Ungarns Keine EU-Sanktionen gegen Patriarch Kyrill
Die EU-Staaten haben ein sechstes Sanktionspaket samt Öl-Embargo gegen Russland gebilligt. Doch Ungarn setzte eine Änderung durch: Das Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche, Patriarch Kyrill, bleibt von Strafmaßnahmen verschont.
Die EU verzichtet wegen des Widerstands von Ungarn vorerst auf Sanktionen gegen das russisch-orthodoxe Kirchenoberhaupt Patriarch Kyrill. Das sechste EU-Sanktionspaket, in dem auch ein weitgehendes Öl-Embargo enthalten ist, wurde von Vertretern der EU-Staaten ohne die eigentlich geplante Strafmaßnahme gegen Kyrill gebilligt, wie mehrere Diplomaten bestätigten.
Treuer Anhänger Putins
Kyrill sollte nach dem Willen der anderen EU-Staaten wegen seiner Unterstützung für den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine auf die Sanktionsliste der EU kommen. Er pflegt engen Kontakt zu Präsident Wladimir Putin und zeigte sich bislang kremltreu. Der 75-Jährige stellte sich in seinen Predigten immer wieder hinter den Kriegskurs und behauptete zuletzt sogar, dass Russland noch nie ein anderes Land angegriffen habe.
Ungarn wollte die Sanktionierung allerdings nicht akzeptieren. Regierungschef Viktor Orban hatte seine Haltung zuletzt "mit der Frage der Glaubensfreiheit ungarischer Religionsgemeinschaften" begründet. Diese sei "heilig und unveräußerlich".
Ärger der EU-Mitglieder ist groß
Diplomaten in Brüssel verwiesen darauf, dass Orbans Blockadepolitik für dessen Land schwerwiegende Folgen haben könnte. So werde es nicht für ausgeschlossen gehalten, dass frühere Verbündete wie Polen aus Verärgerung ihren bisherigen Widerstand gegen ein Vorantreiben des sogenannten Artikel-7-Verfahrens aufgeben. Dieses wurde bereits vor einigen Jahren wegen Rechtsstaatlichkeitsbedenken von der EU eingeleitet und könnte sogar zum Entzug der ungarischen Stimmrechte bei EU-Entscheidungen führen. Das Land könnte dann EU-Sanktionen gegen Russland nicht mehr blockieren.
Aus Teilnehmerkreisen hieß es, Ungarn habe durch sein Verhalten "letzte Sympathien bei seinen ehemaligen Freunden in Osteuropa verspielt". Das Land habe die Einigkeit der EU im Umgang mit Russland infrage gestellt. Orbans Blockade überschatte, dass eigentlich ein sehr wirkungsvolles Sanktionspaket auf den Weg gebracht worden sei.
Weiter Öl aus der Druschba-Pipeline
Wesentlicher Bestandteil der Maßnahmen ist der Boykott gegen Öllieferungen aus Russland. Der sieht vor, im kommenden Jahr auf dem Seeweg kein russisches Öl mehr in die EU zu lassen. Lediglich Ungarn, die Slowakei und Tschechien sollen wegen ihrer großen Abhängigkeit noch bis auf Weiteres Öl über die Druschba-Pipeline importieren dürfen.
Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zufolge wird die EU trotz der Ausnahme für Pipeline-Lieferungen bis Ende des Jahres rund 90 Prozent weniger Öl aus Russland beziehen. Nach Schätzungen der EU-Denkfabrik Bruegel gaben EU-Staaten bis vor Kurzem noch täglich etwa 450 Millionen Euro für Öl aus Russland sowie 400 Millionen für Gas aus Russland aus.
Swift-Ausschluss für Sberbank
Zu den weiteren vorgesehenen Strafmaßnahmen zählt, dass die größte russische Bank, die Sberbank, aus dem Finanzkommunikationsnetzwerk Swift ausgeschlossen wird. Zudem werden mehrere russische Nachrichtensender in der EU verboten.