Ankunft in Moskau Putins Umarmungen für Mörder und Spione
Russlands Präsident Putin hat die vom Westen freigelassenen Häftlinge persönlich in Moskau begrüßt. In einer kurzen Ansprache gratulierte er ihnen zur Rückkehr in ihr Heimatland - und versprach ihnen staatliche Auszeichnungen.
Roter Teppich, salutierende Gardisten, Live-Übertragung im russischen Staatsfernsehen - ein Empfang in allen Ehren für die zehn heimgekehrten russischen Staatsangehörigen. Im Zuge des spektakulären Gefangenenaustausches landeten sie am späten Abend in Moskau. Präsident Wladimir Putin begrüßte sie persönlich, umarmte sie, küsste manchen die Wange, überreichte den Frauen Blumen.
"Zunächst möchte ich Ihnen allen zu Ihrer Rückkehr in die Heimat gratulieren", sagte Putin. "Und ich möchte mich an diejenigen unter Ihnen wenden, die im Militärdienst sind. Ich danke Ihnen für Ihre Eidestreue und Ihre Pflichterfüllung. Jetzt sind Sie zu Hause." Alle würden nun für staatliche Auszeichnungen vorgeschlagen. "Wir sehen einander bald und sprechen über Ihre Zukunft. Jetzt möchte ich Ihnen einfach zu Ihrer Rückkehr nach Hause gratulieren. Danke. Ich beglückwünsche Sie."
Medwedjew droht Dissidenten
Dem Helden-Empfang für Mörder und Spione steht entgegen, was Dmitri Medwedjew zuvor geäußert hatte. Russlands Ex-Präsident und heute stellvertretender Leiter des Nationalen Sicherheitsrates wandte sich an die politischen russischen Gefangenen, die zusammen mit zum Beispiel US-Amerikanern freikamen. Medwedjew drohte den russischen Dissidenten indirekt. "Die Verräter sollten sich jetzt dringend neue Namen suchen und sich im Rahmen von Zeugenschutzprogrammen tarnen", postete er auf seinem Telegram-Kanal.
Dass der russische Staat zu Morden im Ausland fähig ist, hat er schon mehrfach bewiesen - nicht zuletzt durch den "Tiergarten-Mörder", der jetzt auch im Zuge des Gefangenenaustauschs aus einem deutschen Gefängnis freikam. Er war Ende 2021 zu lebenslanger Haft in Deutschland verurteilt worden. Das Berliner Kammergericht befand ihn schuldig, einen tschetschenischstämmigen Georgier erschossen zu haben - im Auftrag staatlicher russischer Stellen.
Medwedjew schrieb auch über ihn auf Telegram "Man möchte natürlich, dass die Verräter Russlands im Kerker verrotten oder im Gefängnis sterben (…). Aber es ist nützlicher, unsere Leute, die für das Vaterland, für uns alle gearbeitet haben, herauszuholen."
Hunderte weitere politische Gefangene in Russland
Derlei Ausführungen geben dem regierungskritischen Politologen Dmitrij Oreschkin recht. Er äußerte sich aus dem Exil. Die russischen Geheimdienste seien sich "absolut sicher, dass sie das oberste Geheimnis der Schöpfung kennen", sagte er im Interview mit dem oppositionellen TV-Sender Doschd. "Die ganze Welt sei nur ein Spiel der Geheimdienste. Und dieser Anschauung nach soll man seine Eigenen sowohl verteidigen als auch fördern."
Für diese "Eigenen" - also die eigenen Leute - gibt die Staatsspitze in Moskau - zwar ungern, aber eben doch - auch russische Oppositionelle frei. Diese sind zumindest im Geiste Mitstreiter von Dmitrij Anissimow. Er ist Pressesprecher von OVD-Info, einer Organisation, die eine Internetseite betreibt, auf der politisch motivierte Verhaftungen dokumentiert sind.
Anissimow findet vor allem mahnende Worte angesichts des erfolgreichen Gefangenaustausches. "Natürlich begrüßen wir die Tatsache, dass mehrere Menschen freigelassen wurden", sagt er. "Aber in diesem Zusammenhang halten wir es auch für wichtig, daran zu erinnern, dass in Russland darüber hinaus noch mehr als 1.300 Menschen aus politischen Gründen hinter Gittern sitzen."