Migrationspolitik Wie die Rechtspopulisten Dänemark verändert haben
In Dänemark bestimmten Rechtspopulisten jahrelang die politische Agenda und drängten andere Parteien in der Ausländerpolitik nach rechts. Momentan haben sie aber so gut wie keinen politischen Einfluss. Woran liegt das?
Mit einer Topfpflanze und einer Stehlampe unter dem Arm bezog die Dänin Pia Kjærsgaard 1995 ihr Büro. Kurz zuvor hatte sie eine neue rechtspopulistische Partei gegründet: die Dansk Folkeparti.
Es war der Beginn einer Erfolgsstory, die ihresgleichen in der dänischen Politik sucht. Ihr Höhepunkt war die Parlamentswahl 2015, als die Dänische Volkspartei auf rund 21 Prozent der Stimmen kam.
Alleinstellungsmerkmal Anti-Migrations-Politik
Der Politikwissenschaftler Christian Rostbøll von der Universität Kopenhagen erklärt den Aufstieg so: "Die Ausländerpolitik war immer das Hauptthema für die Dänische Volkspartei. Sie hatten das Monopol darauf. Sie haben es auf die Tagesordnung gesetzt und waren die einzigen, die darüber gesprochen haben."
Es sei die einzige politische Partei gewesen, die überhaupt infrage gestellt hat, dass Dänemark Flüchtlinge und Einwanderer aufnehmen sollte, so Rostbøll. "Das hat sie besonders gemacht und war ein Grund für ihre Beliebtheit."
Andere Parteien rückten nach rechts
Ein Alleinstellungsmerkmal, das die anderen Parteien auf der Jagd nach Wählerstimmen eine nach der anderen zu kopieren begannen. Zuletzt auch die Sozialdemokraten.
Mit Erfolg, finden die Sozialdemokraten selbst. Denn bei der Parlamentswahl 2019 stürzen die Rechten ab. Dass das mit dem Umschwenken der Sozialdemokraten auf eine harte Asylpolitik zu tun hat, hält der in Dänemark lebende Kulturwissenschaftler Moritz Schramm für einen Mythos. "Das wird von der dänischen Sozialdemokratie sehr, sehr stark nach außen getragen. Das ist eine Selbstbespiegelung, ein Narrativ, das sie sehr feiern, das aber schlichtweg von den Fakten her nicht stimmt", meint Schramm.
Die wirklichen Gründe für den plötzlichen Zusammenbruch der Dänischen Volkspartei hätten sehr wenig damit zu tun, dass die Sozialdemokraten deren Agenda übernommen hätten - was sie im übrigen schon seit 2011 getan hätten. Ausschlaggebend seien vielmehr schwere interne Konflikte in der Dänischen Volkspartei gewesen, erklärt Schramm.
Salonfähig durch Kompromissbereitschaft
Trotz des Absturzes 2019 haben die Rechtspopulisten ein Ziel erreicht: Zu diesem Zeitpunkt setzten sich ihre Anti-Migrations-Positionen durch. Und sie selbst werden seitdem als Partner in der politischen Zusammenarbeit nicht mehr infrage gestellt.
Dies ist auch deshalb der Fall, weil sie sich im Laufe der Jahre bei vielen anderen Themen der politischen Mitte angenähert haben, sagt Politikwissenschaftler Rostbøll. "Was die dänischen Rechtspopulisten von anderen rechten Parteien in Europa unterscheidet, ist, dass sie immer kompromissbereit und verhandlungswillig gewesen sind."
Sie hätten stets die demokratischen Spielregeln akzeptiert und Konsens durch Verhandlung gesucht. Um salonfähig zu bleiben, grenzt die Partei sehr extreme Positionen aus.
Grundstimmung immer einwanderungsfeindlicher
Dafür nehmen die anderen Parteien hin, dass die politische Grundstimmung unter ihrem Druck immer einwanderungsfeindlicher wird, der Ton immer rauer.
Kulturwissenschaftler Schramm sagt: "Ein Ergebnis dieser Umarmungspolitik in Dänemark war, dass die Anti-Migrations-, die Anti-Einwanderungs-Stimmung tatsächlich Mainstream wurde und von praktisch allen Parteien, selbst links von der Sozialdemokratie, in Grundzügen mitgetragen wird."
Verdrängt haben die Sozialdemokraten und Co. die Rechtspopulisten damit nicht. Inzwischen gibt es in Dänemark mehrere Parteien im rechtspopulistischen Spektrum. In Umfragen kommen sie derzeit zusammen auf 16,4 Prozent.
Weil aber gerade eine große Koalition der Mitte regiert, haben die Rechten wenig zu sagen. Nach der nächsten Wahl könnte das wieder anders sein. Für die Sozialdemokraten sieht es in Umfragen nicht rosig aus.