Reaktionen auf Ukraine-Krieg Baltische Staaten fordern mehr Unterstützung
Die baltischen Staaten warnen seit Jahren vor einer möglichen Aggression Russlands. Als NATO-Mitglieder fühlen sie sich selbst zwar sicher, fordern aber noch mehr Engagement des Bündnisses an seiner Ostflanke.
Auch wenn das Entsetzen über den Angriff der Ukraine in den baltischen Staaten groß ist, glaubt der lettische Präsident Egils Levits nicht, dass derzeit eine akute Gefahr für sein Land bestehe. Am Ende eines Besuches in Hamburg sagte er:
Unser Land ist geschützt. Wir sind Mitglied der NATO und die NATO ist die mächtigste Verteidigungsallianz der Welt. Artikel 5 besagt, dass ein Angriff auf ein NATO-Mitglied zugleich automatisch einen Angriff auf alle NATO-Mitglieder bedeutet.
"Direkte Gefahr für die Sicherheit der ganzen Region"
Auch Litauens Präsident Gitanas Nauseda betonte, dass aufgrund der NATO-Mitgliedschaft keine unmittelbare Gefahr drohe. Trotzdem hat er für sein Land den Ausnahmezustand gefordert, die Abgeordneten im Parlament haben dem mehrheitlich zugestimmt. Dadurch kann Litauen beispielsweise den Schutz der Grenzen zur russischen Exklave Kaliningrad und zu Belarus verstärken, zusätzliche Truppen sollen dort stationiert werden. Auch Personen und Fahrzeuge können im Grenzgebiet durchsucht werden. Das Leben der Menschen im Land werde durch den Ausnahmezustand nicht eingeschränkt, hieß es.
Außerdem forderte Nauseda im litauischen Fernsehen mehr Unterstützung durch die NATO: "Das ist schon eine direkte Gefahr für die Sicherheit der ganzen Region." Es brauche deshalb dringend eine Diskussion innerhalb der NATO, wie die Sicherheit der baltischen Länder sowie der östlichen Flanke der NATO gesichert werden könne. "Weil Rhetorik allein nicht mehr ausreicht", sagte Nauseda.
Schon länger für härteren Kurs gegen Russland
Schon länger hatten Politikerinnen und Politiker aus Estland, Lettland und Litauen ein härteres Vorgehen gegen Russland gefordert. Die litauische Premierministerin Ingrida Šimonytė sagte, die Invasion sei eine Folge davon, dass man sehr lange Zeit nur Gespräche mit Russland geführt habe. Wie man sich nun verhalte, sei richtungsweisend, so die litauische Regierungschefin:
Jetzt sind wir in einer Situation, in der unsere Antwort entscheidet, wie zukünftige Generationen leben werden. Es geht hier nicht nur um die Ukraine, sondern es ist ein Versuch, die eigene Weltvorstellung gegenüber den westlichen Demokratien durchzusetzen.
Spannungen mit Teilen der russischen Minderheit
Die politische Weltlage trifft die baltischen Länder auch in ihrem ganz normalen Alltag. Die russische Minderheit befürwortet teilweise das Vorgehen Putins.
Die sowieso oft angespannte Beziehung zu den Litauern könnte sich etwa weiter verschlechtern. Und auch im lettischen Radio hat ein Anrufer für sich bereits eine Sache beschlossen: "Die Ukraine tut mir wirklich leid. Und ich werde ab sofort in Lettland mit den Russen kein Russisch mehr reden. Das ist mein Protest gegen den Krieg in der Ukraine."
Estland und Lettland haben zudem angekündigt, die Übertragung von russischen Fernsehsendern in ihren Ländern abzuschalten.