Carlson interviewt Präsident Die Putin-Verstehen-Show
Der ultrakonservative Talkmaster Carlson hat ein Interview mit Wladimir Putin bekommen. Jetzt, wo die Ukraine-Hilfen im Kongress feststecken, ist das Wasser auf die Mühlen der Republikaner am rechten Rand.
Die Mission von Tucker Carlson, dem ultrarechten Ex-Moderator von Fox News, ist klar: endlich die amerikanische Öffentlichkeit aufklären, über das, was wirklich in Russland und der Ukraine vorgeht. Denn, das erklärte der russlandfreundliche Carlson schon vorab in einem Video: Was die Medien in den USA verbreiteten, sei von der Regierung gesteuert, ekelhafteste Propaganda.
Der Kreml hat die Interviewanfrage von Carlson, einem Verbündeten von Ex-Präsident Donald Trump und Verbreiter von Verschwörungserzählungen, offensichtlich gerne angenommen. Für Russlands Präsident Wladimir Putin war es die perfekte Gelegenheit, seine Botschaft an Millionen Amerikanerinnen und Amerikaner zu bringen.
Und das in Zeiten, in denen weitere Ukraine-Hilfen aus den USA mehr als ungewiss sind. Der Kongress konnte sich bisher nicht einigen - zu tief ist die Kluft zwischen Demokraten und Republikanern.
Putin: "Russland ist nicht der Aggressor"
Und so saßen sich die Männer, beide im dunklen Anzug mit Krawatte, im Kreml über zwei Stunden gegenüber. Putin startete mit einem Geschichtsexkurs, der über 20 Minuten dauerte.
Dann betonte Putin einmal mehr, Russland sei nicht der Aggressor, sondern verteidige seine Bevölkerung, das Land und seine Zukunft. Er sprach davon, dass es notwendig gewesen sei, russischsprachige Einwohner der Ukraine zu schützen. Und er habe verhindern müssen, dass die Ukraine nach einem eventuellen NATO-Beitritt eine Bedrohung für Russland darstellen könne.
"Kein Interesse an Polen"
Moderator Carlson hörte mit ernstem Gesichtsausdruck zu, die Stirn in Falten, und wollte wissen, ob sich Putin eine Situation vorstellen könne, in der Russland Truppen nach Polen einmarschieren lässt. "Nein", antwortete Putin, "nur in einem Fall: Wenn Polen Russland angreifen würde."
Dann führte der Präsident aus, dass Russland kein Interesse an Polen, Lettland oder anderen Ländern habe. Die NATO-Staaten versuchten die eigene Bevölkerung nur einzuschüchtern - mit einer imaginären russischen Bedrohung.
Putin sieht USA in der Pflicht bei Ukraine-Verhandlungen
Ob denn der in Russland wegen Spionage angeklagte Reporter des "Wall Street Journal", Evan Gershkovich, freigelassen werden könne? Es könne eine Einigung erzielt werden, sagte Putin. Es gebe aber bestimmte Bedingungen, die zwischen den Geheimdiensten diskutiert würden. Putin deutete damit indirekt an - ohne einen Namen zu nennen -, er könne sich vorstellen, den US-Journalisten im Austausch gegen einen 2021 in Berlin wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilten Russen freizulassen.
Auch mit Blick auf die Ukraine betonte Putin, er sei zu Verhandlungen bereit. Aber die USA hätten es in der Hand. Wenn die Vereinigten Staaten die Kämpfe wirklich beenden wollten, sollten sie als erstes aufhören, Waffen an die Ukraine zu liefern. Dann sei es in ein paar Wochen vorbei.
Gezerre um weitere Ukraine-Hilfen
Seit Wochen hängen weitere Ukraine-Hilfen im US-Kongress fest. Es ist ein Chaos. Zumindest hat der Senat gestern erst entschieden, weiter an einem neuen Gesetzentwurf für die Ukraine- und Israel-Hilfen arbeiten und darüber abstimmen zu wollen.
Doch selbst wenn es eine Einigung im Senat gäbe, müsste auch noch das Repräsentantenhaus zustimmen. Republikanische Abgeordnete vom rechten Rand haben allerdings schon angekündigt, dass sie das nicht tun werden.
Und in dieser aufgeheizten Stimmung ist der Bundeskanzler in Washington angekommen. Olaf Scholz wird heute US-Präsident Joe Biden treffen und hat bereits mit Senatoren beider Parteien gesprochen. Natürlich auch, um die Kritiker von weiteren Militärhilfen zu überzeugen.
Für die Republikaner vom rechten Rand dürfte Carlsons Interview Wasser auf die Mühlen gewesen sein.