Treffen in Minsk Putins Schulterschluss mit Belarus
Russlands Präsident Putin meidet schon länger offizielle Reisen ins Ausland. Doch nun empfing ihn Staatschef Lukaschenko in Belarus. Die Ukraine schaut mit Argwohn auf das Treffen, könnte Belarus doch aktiv in den Krieg eintreten.
Es ist eine der seltenen Auslandsreisen von Russlands Präsident Wladimir Putin. Schon lange war der Kremlchef nicht mehr zu Besuch beim Machthaber Alexander Lukaschenko in Minsk. Zuletzt musste der belarusische Staatschef entweder nach Sotschi oder Moskau reisen, wenn direkte Gespräche mit Putin anstanden.
Die Begleitmusik zur Visite kommt von einem gemeinsamen Manöver Russlands und Belarus'. Hintergrund ist, dass beide Länder eine gemeinsame Kampftruppe bilden wollen, der bis zu 9000 russische Soldaten angehören könnten. Unmittelbar vor Putins Besuch erklärte das belarusische Verteidigungsministerium, dass eine kurzfristig angesetzte Inspektion der eigenen Truppen die volle Einsatzbereitschaft der belarusischen Armee ergeben habe.
Pläne für weitere Aggression gegen Ukraine?
In der Ukraine blickt man argwöhnisch auf das Treffen der beiden Staatschefs. Generalleutnant Serhij Najew, Kommandant der ukrainischen Streitkräfte glaubt, dass Putin mit seinem Besuch versucht, Belarus stärker in den Krieg gegen die Ukraine hinein zu ziehen. "Unserer Meinung nach werden während dieses Treffens Fragen einer weiteren Aggression gegen die Ukraine ausgearbeitet und einer breiteren Beteiligung der Streitkräfte der Republik Belarus an der Operation gegen die Ukraine. Es geht unserer Einschätzung nach insbesondere um Angriffe auf dem Landweg", sagt Najew.
Der russische Vormarsch in der Ukraine ist nicht nur ins Stocken geraten, bereits eroberte Gebiete wurden von den Ukrainern zurückerobert. Westliche Flugabwehrsysteme können einen beträchtlichen Teil der russischen Luftangriffe abfangen. Der ukrainische Verteidigungsminister Olexij Resnikow hat schon eine weitere Gegenoffensive angekündigt, sobald dies die Wetterbedingungen zulassen.
Tritt Belarus in den Krieg ein?
Vor seinem Besuch in Minsk hatte Putin am Freitag von den Kommandeuren der russischen Streitkräfte Vorschläge zum weiteren Vorgehen in der Ukraine gefordert. Der Kreml-Chef habe den gesamten Tag im Hauptquartier verbracht, hatte sein Sprecher Dmitri Peskow mitgeteilt.
Dass Machthaber Lukaschenko so vehement bestreitet, die belarusische Armee könne schon bald gegen die Ukrainerinnen und Ukrainer kämpfen, halten viele für eine Finte. Ende November hatte er dazu gesagt: "Das ist eine absolute Dummheit. Wenn wir uns mit unseren Truppen in den Konflikt einmischen, so werden wir nichts dazu beitragen können, sondern machen alles noch schlimmer. Das ist nicht die Rolle von Belarus in diesem Konflikt."
Kremlsprecher Peskow trat unmittelbar vor Putins Besuch in Minsk Gerüchten entgegen, man wolle Belarus zum Eintritt in den Krieg gegen die Ukraine zwingen. Und so bleibt die Unsicherheit groß, zumal russische Medien berichten, Putin plane für diese Woche eine wichtige Ankündigung.
Belarus: Todesstrafe bei Landesverrat
Oleksij Hromow vom ukrainischen Generalstab verweist auf eine Gesetzesverschärfung in Belarus, die er alarmierend findet. Den belarusischen Soldaten sei bereits gesagt worden, dass sie im Falle des Kriegsrechts Waffen und Munition erhielten, um ihr Land zu verteidigen.
Gleichzeitig billige das Repräsentantenhaus von Belarus einen Gesetzentwurf zur Einführung der Todesstrafe im Falle von Landesverrat für Militärangehörige und Vertreter staatlicher Behörden. "Es ist möglich, dass solche Aktionen des Lukaschenko-Regimes einer der Schritte zur Vorbereitung auf die Teilnahme am Krieg gegen die Ukraine sind", sagte Hromow.
Die ukrainische Militärführung rechnet offenbar damit, dass es schon im Januar einen zweiten Versuch Russlands geben könnte, die ukrainische Hauptstadt Kiew zu erobern. Das sagte der ukrainische General Walerij Saluschnyj im Interview mit dem englischen Wirtschaftsmagazin "The Economist". Die Mobilisierung der Russen sei ein Erfolg gewesen. Derzeit bereiteten sie 200.000 Soldaten auf ihren Einsatz vor.