Österreich Außenminister Schallenberg wird Übergangskanzler
Nach dem Rücktritt von Kanzler Nehammer soll Österreichs Außenminister Schallenberg übergangsweise die Regierung leiten. Der Auftrag zur Regierungsbildung liegt inzwischen bei der rechtspopulistischen FPÖ.
In Österreich soll Außenminister Alexander Schallenberg als neuer Bundeskanzler die amtierende Koalition bis zu einem Regierungswechsel leiten. Das gab das Büro von Bundespräsident Alexander Van der Bellen bekannt.
Der bisherige Bundeskanzler und ÖVP-Chef Karl Nehammer hatte am Samstag seinen Rücktritt angekündigt. Zuvor waren Koalitionsverhandlungen zwischen der konservativen ÖVP und der sozialdemokratischen SPÖ ebenso gescheitert wie Gespräche über eine Dreier-Koalition mit den liberalen NEOS. Nehammer will den Rücktritt am Freitag formell vollziehen.
FPÖ mit Regierungsbildung beauftragt
Der 55-Jährige Schallenberg dient seit 2019 als Chefdiplomat Österreichs - mit einer kurzen Unterbrechung. Zusätzlich zur Rolle als geschäftsführender Regierungschef soll er weiter Außenminister bleiben. Auch Ende 2021 übernahm er in einer politischen Übergangsphase für einige Wochen das Kanzleramt. Damals folgte Schallenberg auf Sebastian Kurz, der angesichts von Korruptionsermittlungen als Bundeskanzler zurückgetreten war.
Nach dem Scheitern der Bemühungen um eine Koalition aus Parteien der politischen Mitte beauftragte Bundespräsident Van der Bellen am Montag den umstrittenen Chef der rechtspopulistischen FPÖ, Herbert Kickl mit der Regierungsbildung. Dieser solle mit der ÖVP eine mögliche Koalition ausloten.
Obwohl die FPÖ die Wahl im September gewonnen hatte, ging der Auftrag zur Regierungsbildung zunächst an die zweitplatzierte ÖVP unter Kanzler Nehammer. Van der Bellen begründete diese Entscheidung damit, dass alle anderen Parteien eine Zusammenarbeit mit den Rechtspopulisten ausgeschlossen hatten. Die ÖVP hatte angekündigt, nicht mit der FPÖ unter Führung von Kickl koalieren zu wollen. Diese Position scheint sich nun geändert zu haben.
Kickl stellt Bedingungen
Gestern Abend entschied sich das FPÖ-Bundesparteipräsidium einstimmig für die Eröffnung von Koalitionsverhandlungen. Kickl forderte dafür von der ÖVP eine "Politik für eine echte Veränderung, einen Wiederaufbau und für den Beginn einer neuen Ära".
Kickl wäre der erste österreichische Bundeskanzler, den die rechtspopulistische FPÖ stellt. Von Dezember 2017 bis Mai 2019 war er Innenminister einer damals ÖVP-geführten Bundesregierung. Insgesamt war seine Partei bereits dreimal Juniorpartner in einer Regierungskoalition, allerdings hielt keines der Bündnisse bis zum Ende.
Schallenberg will nicht Teil einer FPÖ-Regierung sein
Der ÖVP-Politiker Schallenberg will einer möglichen FPÖ-geführten Regierung unter Kickl nicht angehören. Er gilt als proeuropäisch und unterstützt die EU-Sanktionen gegen Russland. Kickl verfolgt hingegen einen EU-kritischen und Moskau-freundlichen Kurs.
Die FPÖ hatte bei der Wahl im September um fast 13 Prozentpunkte zugelegt und mit knapp 29 Prozent die meisten Stimmen geholt. Sollten die Koalitionsverhandlungen mit der ÖVP scheitern, droht Kickl mit Neuwahlen. Laut derzeitigen Umfragen hat seine Partei seit der Wahl den Vorsprung zu ÖVP und SPÖ noch einmal deutlich ausgebaut.