Löscharbeiten an "Fremantle Highway" Kühlen von brennendem Frachter gestoppt
Die Kühlung des brennenden Frachters "Fremantle Highway" vor der niederländischen Küste ist vorerst gestoppt. Der Brand ist aber noch nicht unter Kontrolle. Unterdessen gibt der Funkverkehr Hinweise auf den Ursprung des Feuers.
Die Rettungskräfte haben die Kühlung des brennenden Frachters "Fremantle Highway" vor der niederländischen Küste vorerst gestoppt. Die Gefahr sei zu groß, dass zu viel Meerwasser ins Schiff gelange, teilte die Küstenwache mit. Dadurch könne der Frachter instabil werden. Löschboote hatten die Außenwände des Schiffes mit Seewasser gekühlt. Daran war auch ein deutsches Löschboot beteiligt.
Nach mehr als 24 Stunden ist das Feuer an Bord nach wie vor nicht unter Kontrolle, die Löscharbeiten drohen sich noch tagelang hinzuziehen. Bergungsexperten warten nun ab, bis die Temperaturen auf dem Schiff gesunken seien. Erst dann können die Spezialisten an Bord. Derzeit überwacht ein Bergungsteam die Situation von einem Notschlepper aus. Ein Flugzeug der Küstenwache macht Bilder aus der Luft.
Löschvorgang schwierig
Die Küstenwache hatte bereits mehrfach betont, dass ein Betreten des Frachters noch nicht möglich sei. Zum einen könnten die Risiken, die mit dem Feuer im Inneren des Schiffes verbunden seien, nicht klar eingeschätzt werden. Zum anderen sei der Frachter noch nicht stabilisiert worden, wodurch einen Löscheinsatz an Bord momentan nicht möglich sei.
Der Frachter ist mittlerweile leicht nach Westen abgedriftet. Er befinde sich nun etwa 16 Kilometer nördlich der Insel Terschelling, sagte ein Sprecher der Küstenwache der Nachrichtenagentur dpa.
Wie der NDR berichtet, hat die "Fremantle Highway" bereits Schlagseite bekommen. Ein Bergungsschiff habe eine Trosse an dem Frachter befestigen können, damit dieser nicht abdrifte und die wichtige Schifffahrtsroute nach Deutschland blockiere. Allerdings sei das Kabel nicht stark genug, um das Schiff abzuschleppen. Die Küstenwache betonte, der Frachter liege derzeit trotzdem stabil.
Ein Schiffssicherheitsexperte hat die Schwierigkeiten des Löschvorgang beschrieben. Der Brand sei so schwer zu löschen, weil man nicht von innen herankomme. "Das ist ja eine große Hülle, in der es innen brennt. Ich kann nur von außen Wasser draufgeben, ich komme also nicht rein, ich habe keine Öffnung, wo ich irgendwo sinnvoll Löschmittel einsetzen kann", sagte Lars Tober von der Gesellschaft für Sicherheitstechnik und Schiffssicherheit Ostsee im gemeinsamen Morgenmagazin von ARD und ZDF.
Möglicherweise explodierte ein E-Auto
Derweil gibt der Funkverkehr der Rettungskräfte Hinweise auf den Ursprung des Feuers. "Das Feuer hat begonnen in der Batterie eines elektrischen Autos", heißt es im Funkverkehr der Rettungskräfte aus der Nacht zu Mittwoch, nachdem sie Kontakt mit dem Kapitän hatten. Teile des Funkverkehrs veröffentlichte der niederländische TV-Sender RTL am Donnerstag auf seiner Homepage. Im Funkverkehr heißt es: "So wie es aussieht, ist auch ein elektrisches Auto explodiert."
Fahrzeugbrände an Elektro- oder Hybridfahrzeugen kämen zwar nicht unbedingt häufiger vor als bei konventionell angetriebenen Fahrzeugen, hieß es bei der Prüfgesellschaft Dekra. "Wenn aber die Lithium-Ionen-Batterie eines solchen Fahrzeugs brennt, kann das die Feuerwehren aktuell vor große Herausforderungen stellen." Als Hauptgründe für Brände durch Lithium-Ionen-Akkus gelten zum einen Produktionsdefekte, zum anderen beschädigte Batteriezellen oder Geräte, eine Überladung oder Kurzschlüsse, wie es vom Allianz-Industrieversicherer AGCS heißt.
Reederei: Mehr Autos an Bord
Wie die Reederei inzwischen bekannt gab, befinden sich noch mehr Fahrzeuge an Bord, als zunächst bekannt war. Der Frachter habe 3.783 Autos geladen, teilte ein Sprecher der japanischen Reederei Kawasaki Kisen Kaisha der Nachrichtenagentur dpa in Tokio mit. Die niederländische Küstenwache hatte zuvor von 2.857 Autos gesprochen, davon 25 E-Autos.
Der Frachter war am Mittwoch etwa 27 Kilometer vor der niederländischen Wattenmeerinsel Ameland in Brand geraten. In der vergangenen Nacht sei das Schiff leicht nach Westen abgedriftet und befinde sich nun etwa 16 Kilometer nördlich der Nachbarinsel Terschelling, teilte die Küstenwache am Morgen mit.
Zunächst hatten die 23 Crew-Mitglieder an Bord selbst versucht, das Feuer zu löschen, jedoch vergeblich. Sie wurden mit Hubschraubern und Rettungsschiffen von Bord gebracht. Einige waren von Bord geprungen und aus der See gerettet worden. Ein Besatzungsmitglied kam ums Leben, mehrere Crew-Mitglieder wurden verletzt.
"Drohende Umweltkatastrophe ungekannten Ausmaßes"
Bei Umweltorganisationen wächst die Sorge vor einer Katastrophe im Wattenmeer, das zum UNESCO-Weltnaturerbe zählt. Wenn Öl und die Autos an Bord ins Wasser geraten, könnten das Meer sowie die Küsten verseucht werden. Das wäre auch eine Bedrohung für die deutschen Wattenmeerinseln.
Auch Umweltministerin Steffi Lemke warnte vor einer drohenden "Umweltkatastrophe ungekannten Ausmaßes". Sollte die "Fremantle Highway" sinken, könnten "große Mengen Treibstoff und weitere umweltschädliche Schadstoffe aus der Ladung des Frachters das empfindliche Ökosystem der Nordsee großflächig verschmutzen". Der einzigartige Nationalpark Wattenmeer sei dann "ernsthaft in Gefahr".
Das Havariekommando in Cuxhaven bereitet sich nach eigenen Angaben weiter auf einen möglichen Schadstoffaustritt vor. Es stehen zwei Schiffe des Bundes und fünf Schiffe der Bundesländer bereit, wie ein Sprecher sagte. Das Havariekommando ist in Deutschland für die maritime Notfallvorsorge und das Unfallmanagement auf Nord- und Ostsee zuständig.
Nach Schätzung der Schutzgemeinschaft Deutsche Nordseeküste könnte die "Fremantle Highway" bis zu 2000 Tonnen Schweröl an Bord haben. Westwinde könnten ausgetretenes Öl im Katastrophenfall womöglich auch in die Deutsche Bucht treiben.
Mit Informationen von Astrid Corall und Jakob Mayr, ARD Brüssel
In einer früheren Version dieses Artikels hieß es, das Wattenmeer sei ein UNESCO Weltkulturerbe. Es handelt sich aber um ein UNESCO Weltnaturerbe.
Mehr zum Hintergrund dieser und anderer Korrekturen finden Sie hier: tagesschau.de/korrekturen