Zwei Jahre nach Giftanschlag Scholz würdigt inhaftierten Nawalny
Vor zwei Jahren wäre der russische Oppositionelle Nawalny beinahe an den Folgen eines Giftanschlags gestorben. Kanzler Scholz erinnert daher an den "mutigen Mann" und kritisiert Russlands Umgang mit der Meinungsfreiheit.
Bundeskanzler Olaf Scholz hat am zweiten Jahrestag des Giftanschlags auf Alexej Nawalny an das Schicksal des in Russland inhaftierten Kremlgegners erinnert. "Daran sollten wir jetzt denken", sagte der SPD-Politiker in einer Videobotschaft. Denn der russische Krieg gegen die Ukraine habe auch Konsequenzen für Russland. "Freiheit und Demokratie waren schon vorher gefährdet. Aber jetzt ist die Meinungsfreiheit noch viel mehr gefährdet und viele fürchten sich, ihre eigene Meinung zu sagen."
Gerade deshalb sei es so wichtig, in diesen Tagen auch an Nawalny zu denken, sagte Scholz. Dieser sei "unverändert ein mutiger Mann" und stehe für die Prinzipien, "die für viele Bürgerinnen und Bürger Russlands eine gute Perspektive weisen. Nämlich, dass man am besten lebt in einer Demokratie und einem Rechtsstaat".
Scholz sprach mit Nawalny in Berlin
Der prominenteste Gegner von Kremlchef Wladimir Putin hatte einen Mordanschlag mit dem chemischen Kampfstoff Nowitschok am 20. August 2020 nur knapp überlebt und sich in Deutschland davon erholt. Bei der freiwilligen Rückkehr nach Moskau im Januar 2021 wurde er sofort festgenommen. Seither sitzt der 46-Jährige in Haft.
Scholz sagte, er habe mit Nawalny während dessen Zeit in Berlin gesprochen und "einen mutigen Mann kennengelernt, der zurückgekehrt ist nach Russland, weil er für die Demokratie kämpfen wollte, die Freiheit und den Rechtsstaat". Heute sitze Nawalny in Russland "im Straflager, sogar in einer kleinen Zelle".
"Zum zweiten Mal feiere ich meinen zweiten Geburtstag"
Nawalny feierte den zweiten Jahrestag des Giftanschlags auf ihn eigenen Angaben zufolge als einen Geburtstag. "Zum zweiten Mal feiere ich meinen zweiten Geburtstag. Den Tag, als sie mich töteten, aber ich warum auch immer nicht gestorben bin", schrieb Nawalny in einem auf Instagram veröffentlichen Gruß aus dem Straflager. Darin machte er erneut Putin für den Mordanschlag verantwortlich und kritisierte, dass noch immer nicht offiziell in dem Fall ermittelt werde.
Der Kreml bestreitet, dass es ein Verbrechen gegeben hat. Wegen angeblichen Betrugs sitzt der schärfste Gegner Putins in der Strafkolonie 6 in Melechowo nahe der Stadt Kowrow etwa 260 Kilometer nordöstlich von Moskau - unter besonders harten Haftbedingungen. Im Mai bestätigte ein Gericht die neunjährige Haftstrafe.
"Das System hat jede Maske fallen lassen"
Der prominente Oppositionelle wies erneut darauf hin, dass ein Rechercheteam nachgewiesen habe, dass das Attentat von einer Gruppe des russischen Inlandsgeheimdienstes FSB begangen worden sei. "Den Kreml hat dann, weil ich überlebt habe, so eine Verbitterung ergriffen, dass er mich erst zu 3,5 Jahren verurteilen ließ und dann zu neun Jahren."
Der Fall habe nicht nur das Verbrechertum Putins und seines Regimes offengelegt, sondern sich auf das gesamte politische System in Russland ausgewirkt. "Das System hat jede Maske fallen lassen; Ende Januar 2021 wurde es dann schon ganz ohne Umschweife repressiv und autoritär", so Nawalny.