NATO-Perspektive der Ukraine "Klare, geeinte und positive Botschaft"
Generalsekretär Stoltenberg erwartet ein deutliches Signal für die NATO-Perspektive der Ukraine. Er plädierte dabei für ein kürzeres Verfahren. Vom ukrainischen Präsidenten Selenskyj kommt Kritik am Bündnis, dem er "Schwäche" vorwarf.
Die NATO-Staaten werden nach Angaben von Generalsekretär Jens Stoltenberg von ihrem Gipfel in Vilnius eine "klare, geeinte und positive Botschaft" an die Ukraine senden. "Die Ukraine ist einen langen Weg gegangen", sagte Stoltenberg zu Beginn des zweitägigen Treffens in der litauischen Hauptstadt.
Das Land müsse jetzt ein deutliches Signal für den weiteren Weg hin zu einer Mitgliedschaft in der transatlantischen Allianz erhalten. An der genauen Formulierung dieser Botschaft werde noch gearbeitet, sagte Stoltenberg. Er rechne im Lauf des Tages mit einem Ergebnis.
Seiner Auffassung nach sollte das Bündnis im Fall der Ukraine auf den sonst üblichen Membership Action Plan (MAP) zur Heranführung von Beitrittskandidaten an NATO-Standards verzichten. Damit würde der Weg der Ukraine in die NATO von einem "Zwei-Schritt- zu einem Ein-Schritt-Prozess", sagte Stoltenberg. "Das sendet eine klare Botschaft aus."
Angereichert werde der Gipfelbeschluss mit bilateralen Sicherheitsgarantien der Bündnisstaaten, um einen erneuten Überfall Russlands auf die Ukraine nach einem Ende des Krieges zu verhindern.
"Unschlüssigkeit ist eine Schwäche"
Bundeskanzler Olaf Scholz betonte in Vilnius die Bedeutung von Sicherheitsgarantien für die Ukraine. Dazu bereiteten die G7-Staaten am Rande des NATO-Gipfels eine gemeinsame Erklärung vor. Was die Frage einer weiteren Heranführung an die NATO betrifft, verwies Scholz darauf, es sei akut wichtig, die Ukraine militärisch zu unterstützen.
Darüber hinaus müsse die NATO hierzu eine gemeinsame Entscheidung treffen und die Beschlüsse des Gipfels von Bukarest 2008 weiterentwickeln. Damals hatte das Bündnis der Ukraine grundsätzlich eine Beitrittsperspektive eingeräumt, der Prozess geriet in der Folge dann aber ins Stocken.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj kritisierte bereits die "Unschlüssigkeit" und "Schwäche" der NATO hinsichtlich eines Beitritts seines Landes. Das ermutige den russischen "Terror" gegen sein Land, schrieb Selenskyj auf Twitter. "Es scheint, als gebe es weder eine Bereitschaft, der Ukraine eine Einladung zur NATO zukommen zu lassen, noch sie zu einem Mitglied des Bündnisses zu machen", erklärte er. Es sei "absurd", dass es keinen Zeitplan für einen Beitritt der Ukraine gebe. "Unschlüssigkeit ist eine Schwäche", so Selenskyj.
Am Rande des Gipfels will Selenskyj am Abend in Vilnius eine Rede halten. "Ja, es wird einen Auftritt geben", bestätigte Selenskyjs Sprecher, Serhij Nykyforow, der Nachrichtenagentur dpa in Kiew.
Ungarn betont Unterstützung für Schweden
Das Militärbündnis startet eigentlich mit Rückenwind durch das Einlenken des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan bei der Frage nach einem NATO-Beitritt Schwedens in seinen Gipfel. Die Einwilligung Erdogans, das Beitrittsprotokoll so rasch wie möglich dem türkischen Parlament vorzulegen, hatte NATO-Generalsekretär Stoltenberg am Montag verkündet.
Am Dienstag folgte Ungarns Außenminister Peter Szijjarto mit der Bemerkung, die Ratifizierung des schwedischen Beitrittsersuchens durch das ungarische Parlament sei nur eine "technische Angelegenheit". Budapest unterstütze das Vorhaben eindeutig, erklärte er in einem Facebook-Beitrag. Die Türkei und Ungarn sind die beiden einzigen der 31 NATO-Staaten, deren Parlamente noch keine Zustimmung zu der Erweiterung des Militärbündnisses gegeben haben.