Perspektiven für die Ukraine Das sind die Ergebnisse des NATO-Gipfels
Die Erklärung zum NATO-Gipfel in Litauen umfasst 90 Punkte - darunter Pläne für den Ernstfall, deutliche Worte an Russland und Perspektiven zum Beitritt der Ukraine. Die wichtigsten Ergebnisse im Überblick.
Pläne für den Ernstfall
Neue Verteidigungspläne sollen die NATO auf das Schreckensszenario eines russischen Angriffs vorbereiten. Die insgesamt mehr als 4000 Seiten starken geheimen Dokumente beschreiben detailliert, wie kritische Orte im Bündnisgebiet durch Abschreckung geschützt und im Ernstfall verteidigt werden sollten. Dafür wird auch definiert, welche militärischen Fähigkeiten notwendig sind. Neben Land-, Luft-, und Seestreitkräften sind auch Cyber- und Weltraumfähigkeiten eingeschlossen.
Kompromiss für die Ukraine
Monatelang hatte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj darauf gedrungen, dass sein Land in Vilnius von der NATO für die Zeit nach dem Krieg eine offizielle Einladung zum Beitritt bekommt. Staats- und Regierungschefs wie Bundeskanzler Olaf Scholz und US-Präsident Joe Biden verhinderten dies allerdings.
In der Gipfelerklärung heißt es zwar: "Die Zukunft der Ukraine ist in der NATO". Eine Einladung sei aber erst möglich, "wenn die Verbündeten sich einig und Voraussetzungen erfüllt sind". Als konkrete Beispiele werden Reformen "im Bereich der Demokratie und des Sicherheitssektors" genannt.
Zugleich signalisiert die NATO an die Adresse des russischen Präsidenten Wladimir Putin, dass er nicht darauf hoffen kann, dass die Alliierten müde werden, der Ukraine Waffen, Munition und Geld zur Verfügung zu stellen. Man werde die Unterstützung "so lang wie nötig fortsetzen", versprechen die Gipfelteilnehmer.
Geplant ist nun unter anderem ein mehrjähriges Programm, um die ukrainischen Streitkräfte in die Lage zu versetzen, künftig reibungslos mit NATO-Truppen zusammenzuarbeiten.
Das neue Zwei-Prozent-Ziel
"Im Einklang mit unseren Verpflichtungen nach Artikel drei des Vertrags von Washington verpflichten wir uns dauerhaft, jährlich mindestens zwei Prozent unseres Bruttoinlandsprodukts in Verteidigung zu investieren"- mit dieser Kompromissformulierung haben die NATO-Staaten beim Gipfel ihren Streit um die Höhe der nationalen Verteidigungsausgaben vorerst beigelegt.
Zu der Vereinbarung gehört allerdings auch, dass nicht gesagt wird, bis wann die bislang unter zwei Prozent liegenden NATO-Staaten das neue Ziel erfüllen müssen. Deutschland will im nächsten Jahr mithilfe eines Sondervermögens auf die zwei Prozent kommen. Wie das Ziel dauerhaft erreicht werden soll, ist allerdings noch völlig unklar.
Neue Hoffnung für Schweden
Begonnen hatte das Spitzentreffen in der litauischen Hauptstadt mit einem großen Erfolg für NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg. Er konnte am Montagabend nach monatelangen zähen Verhandlungen ein Ende der türkischen Blockade der Bündniserweiterung ankündigen. Präsident Recep Tayyip Erdogan stimmte demnach bei einem Treffen mit dem schwedischen Regierungschef Ulf Kristersson zu, das für die Aufnahme Schwedens nötige Beitrittsprotokoll so bald wie möglich dem türkischen Parlament zur Zustimmung vorzulegen. Schweden könnte demnach bereits im Herbst das 32. Bündnismitglied werden.
Herausforderung China
Das Streben Chinas nach Macht und Einfluss war für die NATO lange kein Thema. Auf Drängen der USA hin hat sich das in den vergangenen Jahren grundlegend geändert. "Die von der Volksrepublik China erklärten Ziele und ihre Politik des Zwangs stellen unsere Interessen, unsere Sicherheit und unsere Werte vor Herausforderungen", heißt es nun in der Abschlusserklärung.
Als Gefahr wird insbesondere gesehen, dass die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt versucht, "Schlüsselbereiche der Technologie- und Industriesektoren, kritische Infrastruktur sowie strategisches Material und Lieferketten unter ihre Kontrolle zu bringen".
Zudem prangert die NATO böswillige Cyberoperationen, eine konfrontative Rhetorik und Desinformation an. In Reaktion soll nun die Abwehrbereitschaft für den Fall einer Eskalation der aktuellen Konflikte erhöht werden, unter anderem durch einen Ausbau des gemeinsamen Lagebilds.
Quelle: dpa