Belarusische Oppositionspolitikerin Vater durfte inhaftierte Kolesnikowa besuchen
Nach fast zwei Jahren gibt es wieder ein Lebenszeichen der in Belarus inhaftierten Oppositionspolitikerin Maria Kolesnikowa. Ihr Vater durfte die Gefangene besuchen. Die Familie war zuletzt in großer Sorge um Kolesnikowa.
Von der in Belarus inhaftierten prominenten Oppositionellen Maria Kolesnikowa gibt es nach langer Zeit ohne Kontakt zur Außenwelt erstmals wieder ein Lebenszeichen: "Unserem Vater wurde endlich erlaubt, Maria zu besuchen. Ich kann es nicht glauben", schrieb ihre Schwester Tatjana Chomitsch auf der Plattform X.
Treffen offenbar im Gefängniskrankenhaus
Veröffentlicht wurden Fotos von dem Treffen zuerst im Telegram-Kanal des ehemaligen oppositionellen Bloggers Roman Protassewitsch, der inzwischen mit den belarusischen Behörden zusammenarbeitet. Es lässt sich nicht unabhängig prüfen, wann die Fotos entstanden sind.
Das belarusische Medienportal Nascha Niwa schrieb, Kolesnikowa habe ihren Vater im Gefängniskrankenhaus in der Strafkolonie in Gomel im Südosten des Landes getroffen. Das Portal beruft sich auf ehemalige politische Gefangene, die den Ort der Aufnahme erkannt hätten. Es sei nicht bekannt, ob Kolesnikowa in Behandlung sei oder ob sie aus der Zelle geführt wurde, wo sie höchstwahrscheinlich untergebracht ist, hieß es.
Das letzte Mal hätten sich Kolesnikowa und ihr Vater im Dezember 2022 gesehen. Einen Brief hätten ihre Verwandten zuletzt im Februar 2023 erhalten.
Kolesnikowas Familie hatte sich kürzlich sehr besorgt über den Gesundheitszustand der 42-Jährigen gezeigt. Ihre Schwester Tatjana, die sich nicht mehr in Belarus befindet, hatte gesagt, ihre Schwester werde unter menschenunwürdigen Bedingungen gehalten und wiege nur noch 45 Kilogramm.
Österreichs Außenminister fordert Freilassung
Er sei sehr erleichtert, schrieb der österreichische Außenminister Alexander Schallenberg im Kurznachrichtendienst X. "Nach 600 Tagen in Einzelhaft durfte sie ihren Vater sehen. Worte können die Qualen, die sie ertragen haben muss, nicht beschreiben. Die Isolation aller politischen Gefangenen muss jetzt beendet werden - sie müssen sofort und bedingungslos freigelassen werden!", forderte Schallenberg.
Der österreichische Außenminister hatte Kolesnikowas Schwester am Montag in Wien getroffen. Dort hatte es eine Theateraufführung zu Ehren der politischen Gefangenen gegeben.
Auch die im Exil lebende belarusische Oppositionsführerin und verbündete Kolesnikowas, Swetlana Tichanowskaja, schrieb auf der Plattform X, dass sie sehr erleichtert sei, dass Kolesnikowa ihren Vater habe treffen dürfen.
Machthaber Alexander Lukaschenko hatte zuletzt Dutzende Gefangene freigelassen und sich offen gezeigt, auch Kolesnikowa gehen zu lassen. Allerdings müsste sie dafür ein Gnadengesuch an den Politiker schreiben.
Festnahme vor mehr als vier Jahren
Kolesnikowa und Tichanowskaja und gehörten zu den Anführerinnen der Massenproteste nach der von beispiellosen Manipulationsvorwürfen überschatteten Präsidentenwahl 2020. Lukaschenko ließ die Proteste niederschlagen. Als eine der wenigen führenden belarussischen Oppositionellen entschied sie sich gegen die Flucht ins Exil.
Im September 2020 wurde Kolesnikowa festgenommen und ein Jahr später wegen Verschwörung zum Umsturz zu einer elfjährigen Haftstrafe verurteilt. Sie gilt als politische Gefangene. In Belarus sind Menschenrechtsorganisationen zufolge mehr als 1.300 Kritiker Lukaschenkos in Haft.