Umstrittenes Ruanda-Abkommen Rückschlag für Premierminister Sunak
Ist Ruanda ein sicherer Drittstaat? Diese Frage ist aus Sicht des britischen Oberhauses nicht geklärt und deshalb verweigert die Mehrheit der Mitglieder die Ratifizierung des Vertrags. Ein Rückschlag für den britischen Premierminister.
Das britische Oberhaus hat die Ratifizierung einer umstrittenen Vereinbarung mit Ruanda zur Abschiebung von Migranten in das Land vorerst abgelehnt. Eine Mehrheit von 214 zu 171 Mitgliedern stimmte dafür, die Zustimmung zum Vertrag mit Ruanda vorerst aufzuschieben. Die britische Regierung müsse erst nachweisen, dass der ostafrikanische Staat ein sicheres Aufnahmeland für Migranten ist, die dorthin abgeschoben werden sollen.
Das dürfte ein Votum über das Gesetz verzögern. Der Entwurf der konservativen Regierung sieht vor, dass alle Migranten, die irregulär nach Großbritannien kommen, ungeachtet ihrer Herkunft nach Ruanda abgeschoben werden. Dort sollen sie um Asyl bitten. Kritiker werfen Ruanda allerdings Menschenrechtsverletzungen vor. Eine Rückkehr nach Großbritannien ist ausgeschlossen. Dafür soll Ruanda per Gesetz zum sicheren Drittstaat erklärt werden.
Ausschuss hatte Empfehlung gegen Vertrag gegeben
Ein Bericht eines parteiübergreifenden Ausschusses hatte empfohlen, den Ruanda-Vertrag nicht zu ratifizieren, bis alle Sicherheitsvorgaben erfüllt seien. Die vorgesehenen Garantien in dem Vertrag seien "unvollständig". Der zuständige Ausschuss des Oberhauses schloss sich mit den Stimmen von Mitgliedern beider großen Parteien dem Bericht an.
Premierminister Rishi Sunak hatte das britische House of Lords, das aus etwa 800 zumeist ernannten und nicht gewählten Mitgliedern besteht, mit Nachdruck gemahnt, dem Willen des gewählten Unterhauses nicht im Wege zu stehen. Die Kammer hatte dem Asylgesetz vorige Woche zugestimmt.
Oberhaus könnte Zeitplan verzögern
Das Gesetz ist zentraler Bestandteil der Pläne der konservativen Regierung. Die Opposition und auch Menschenrechtsaktivisten kritisieren das Vorhaben massiv, aber auch innerhalb der Tories ist es umstritten.
Trotz des Votums wird allgemein erwartet, dass das House of Lords letztlich weder den Vertrag noch das Gesetz blockieren wird. Allerdings könnte das als kritisch bekannte Oberhaus den geplanten Zeitplan verzögern. Eine Umsetzung vor der nächsten Parlamentswahl würde dadurch erschwert, zumal damit gerechnet wird, dass es Klagen vor Gericht geben wird. Vermutlich auch vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.
Die sozialdemokratische Labour-Partei, die in allen Umfragen deutlich führt, hat bereits angekündigt, den Ruanda-Plan nicht weiterzuverfolgen.