TV-Sender GB News Laut, rechts, populistisch
Politiker als Moderatoren oder als Reporter vor der Kamera - der britische Fernsehsender GB News verstößt gegen journalistische Grundregeln und bedient so das rechte Spektrum. Die Medienaufsicht scheint machtlos.
GB News brüstet sich damit, der Sender fürs Volk zu sein, Großbritanniens Nachrichtenkanal und der Kanal für die anstehende Unterhauswahl. Er brüstet sich damit, der Meinungsfreiheit eine Heimat zu bieten und die Argumente aller Seiten anzuhören. Die Lücke zwischen dieser Werbung und der Wirklichkeit könnte kaum größer sein.
Bei der Medienaufsicht Ofcom liefen zuletzt mehr als ein Dutzend Untersuchungen gegen GB News, weil der Sender immer wieder gegen Vorgaben verstößt. In dieser Woche wurde GB News von Ofcom in fünf Fällen abgemahnt.
In einem der Fälle trägt der konservative Abgeordnete und ehemalige Wirtschaftsminister Jacob Rees-Mogg in seiner Sendung eine Eilmeldung vor. Ein Regelverstoß. Ofcom verweist darauf, dass Politiker in einer Nachrichtensendung nicht als Nachrichtensprecher, Interviewer oder Reporter auftreten dürfen - genau das tun sie aber bei GB News.
Prinzip der Objektivität und Unparteilichkeit ausgehebelt
Der Sender beschäftigt mehrere Abgeordnete aus dem rechten Lager, die sich mitunter auch gegenseitig interviewen. Das Prinzip der Objektivität und Unparteilichkeit wird so gezielt ausgehebelt, stattdessen gibt es Polemik und viel rechtes Gedankengut. In diesem Jahr soll auch Ex-Premier Boris Johnson zum Moderatorenteam dazustoßen.
Zu den Politikern im Dienst des Senders gehören auch Lee Anderson, der bis vor Kurzem Vize-Generalsekretär der Konservativen Partei war und inzwischen zur rechtspopulistischen Partei Reform UK gewechselt ist, und Nigel Farage, der bis 2021 Vorsitzender von Reform UK war. Es passt ins Bild, dass Farage, der bereits wiederholt als Wahlkampfredner für Donald Trump aufgetreten ist, den US-Präsidentschaftskandidaten nun auch für GB News interviewt hat.
Ex-Premier Johnson in der Kritik
Die aktuelle Abmahnung von Ofcom empört GB News. Man sei der Redefreiheit verpflichtet, heißt es. Kritiker halten Ofcoms Vorgehen dagegen für viel zu schwach, manche fordern sogar, GB News die Lizenz zu entziehen. Der Journalist Adam Boulton erklärte in der BBC, warum der Sender aus seiner Sicht von Anfang an anders behandelt wurde. Als GB News 2021 auf Sendung ging, war Johnson noch im Amt. "Ehrlich gesagt, wenn Ofcom da hart durchgegriffen hätte, wäre die Behörde wahrscheinlich von der Regierung und dem Premier attackiert worden." Aus Sicht von Boulton musste Ofcom ein Auge zudrücken, um überhaupt weiterhin als Aufsichtsbehörde tätig sein zu können.
Konservative Partei im Hintergrund
Auch David Yelland, ehemaliger Chefredakteur der Boulevardzeitung The Sun, führt die aktuelle Entwicklung auf Johnson zurück. Denn als Premier, wollte er einst Paul Dacre zum Ofcom-Chef machen. Das hätte bedeutet, den langjährigen Herausgeber der Daily Mail - des größten rechtsgerichteten Boulevardblatts in Großbritannien - zum höchsten Medienaufseher zu befördern.
Dass GB News ein ums andere Mal gegen Regeln verstößt, findet Yelland vor diesem Hintergrund nicht erstaunlich. Man solle sich mal fragen, warum die Betreiber von GB News der Meinung seien, die Freiheit zu haben, dies zu tun. "Die haben diese Freiheit, natürlich! Das hat mit der konservativen Partei zu tun.“
Populistische Echokammer
Dass der Sender sein Konzept ändern wird, ist nicht zu erwarten. GB News macht zwar Verluste, scheint in erster Linie aber ohnehin ein ideologisches Projekt zu sein. Ziel ist, den öffentlichen Diskurs zu bestimmen und die politische Debatte nach rechts zu verschieben. Dabei ist die Reichweite von GB News größer, als es die Zuschauerzahlen vermuten lassen. Denn viele Inhalte werden über die sozialen Medien weiterverbreitet.
Der Einfluss von rechts könnte bald noch größer werden. Denn der Miteigentümer von GB News, der konservative Hedgefonds-Investor Paul Marshall, bewirbt sich darum, die Zeitung Daily Telegraph und das Magazin The Spectator zu übernehmen.
Sollte ihm das gelingen, würde Marshall zum mächtigsten Mann in der britischen Medienlandschaft seit Rupert Murdoch aufsteigen. Kritiker befürchten, dass dann eine neue populistische Echokammer entsteht und noch stärker Front gemacht wird gegen eine Politik und Gesellschaft, die aus Sicht des rechten Lagers nicht rechts genug ist.