Umstrittenes Ruanda-Abkommen Sunak will abschieben - "ohne Wenn und Aber"
Trotz einstweiliger Verfügung, einer höchstrichterlichen Entscheidung und scharfer Kritik: Großbritanniens Premier Sunak will am umstrittenen Abschiebeabkommen mit Ruanda unter allen Umständen festhalten.
Großbritanniens Premier Rishi Sunak will die einstweilige Verfügungen des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte im Zusammenhang mit seinem Asylpakt mit Ruanda ignorieren. Das sagte der konservative Politiker bei einer Pressekonferenz in London kurz vor Beginn neuer Beratungen im Parlament über sein Abschiebegesetz. Er sehe sein Land nicht im Konflikt mit internationalem Recht, so Sunak.
Der Asylpakt mit Ruanda sieht vor, dass irregulär eingereiste Migranten in Großbritannien keine Gelegenheit mehr zum Antrag auf Asyl erhalten sollen. Sie sollen stattdessen ungeachtet ihrer Herkunft nach Ruanda gebracht werden und dort Asyl beantragen. Eine Rückkehr nach Großbritannien ist nicht vorgesehen. Das britische Unterhaus hatte das Gesetz Mitte Januar gebilligt.
Erste Maschine soll in zwölf Wochen abheben
Mit der Regelung sollen nach Aussage der Regierung Menschen von der gefährlichen Überfahrt in kleinen Booten über den Ärmelkanal abgehalten werden. Sunak sagte: "Sobald das Gesetz verabschiedet ist, werden wir mit dem Prozess beginnen, diejenigen abzuschieben, die für den ersten Flug vorgesehen sind." Die erste Maschine werde voraussichtlich in zehn bis zwölf Wochen abheben.
Bisher hatte die Regierung den ersten Abflug für Frühling angekündigt. Sunak sagte, für die Abschiebungen seien kommerzielle Charterflüge gebucht worden. Zudem seien Hunderte Sachbearbeiter und Richter auserkoren, um mögliche Klagen zu bearbeiten.
So lange tagen, bis das Gesetz verabschiedet ist
Der einzige Flug, der bisher nach Ruanda abheben sollte, wurde im Juni 2022 per einstweiliger Verfügung vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in letzter Minute gestoppt. Ein Jahr später erklärte das oberste Gericht in Großbritannien den Asylpakt für rechtswidrig.
Mit dem Abschiebegesetz soll dieses Urteil nun ausgehebelt werden. Der Gesetzentwurf steckt derzeit im Verfahren zwischen Unterhaus und Oberhaus fest, das mehrheitlich Bedenken dagegen hat. Sunak wies die Parlamentarier seiner Partei in beiden Häusern jedoch an, am Montag so lange zu tagen, bis es verabschiedet ist. Zugeständnisse schloss er dabei aus. "Ohne Wenn und Aber. Diese Flüge werden nach Ruanda abheben", so der Premier.
Kritik von fast allen Seiten
Die Opposition kritisiert ebenso wie Menschenrechtsaktivisten das Vorhaben massiv. Doch auch unter Sunaks Konservativen ist das Abkommen umstritten. Hardlinern innerhalb der Tory-Partei des Premierministers geht der Gesetzesentwurf der Regierung nicht weit genug - liberale Tories wiederum befürchten, Großbritannien könne gegen internationales Recht verstoßen.