Baerbock zu Getreideabkommen "Perfide Strategie Russlands"
Außenministerin Baerbock sieht in Russlands Aufkündigung des Getreideabkommens mit der Ukraine reines politisches Kalkül. Präsident Putin führe einen "Hungerkrieg", sagte sie im Bericht aus Berlin. Auch aus den USA und der EU kommt scharfe Kritik.
Offiziell begründet Russland die Aufkündigung des Getreideabkommens mit der Ukraine mit dem Angriff auf die Schwarzmeerflotte in Sewastopol auf der Krim - die Stadt war 2014 völkerrechtswidrig von Russland annektiert worden.
Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) dagegen sieht in der Ankündigung des Kreml reines politisches Kalkül. Es handele sich dabei "wieder um einen Teil dieser perfiden Strategie, durch Falschbehauptungen noch mehr Leid auszulösen", sagte sie im Bericht aus Berlin. Ein Aus des Getreideabkommens bringe in vielen Regionen der Welt wieder Hunger und Leid. Russlands Präsident Wladimir Putin zeige damit, "dass er eben nicht nur die Ukraine, sondern die ganze internationale Gemeinschaft angreift".
"Perfides Spiel Russlands": Außenministerin Baerbock zum Stopp des Getreideabkommens mit der Ukraine
Gleichwohl müsse man nun auf diplomatischem Weg "mit Engelsgeduld" alles daran setzen, dass Russland seine Strategie nicht umsetzt, so Baerbock weiter. Allerdings dürfe sich die internationale Gemeinschaft hier keinen Illusionen hingeben.
Mit Blick auf diese Strategie, Menschen in der Welt in den Krieg mit hineinzuziehen über einen Hungerkrieg, gilt das Gleiche auch für die Ukraine: In den Städten, in die der russische Präsident militärisch nicht einmarschieren kann, versucht er jetzt über den Winter, die Menschen auszuhungern, verdursten zu lassen, erfrieren zu lassen, indem er die Infrastruktur angreift.
Brüssel alarmiert
Russlands erneute Blockade von ukrainischen Getreideexporten rief international ähnlich scharfe Kritik hervor. Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell schrieb auf Twitter, die Entscheidung gefährde "die wichtigste Exportroute für dringend benötigtes Getreide und Düngemittel zur Bewältigung der durch den Krieg gegen die Ukraine verursachten weltweiten Nahrungsmittelkrise". Die EU fordere Moskau dringend dazu auf, die Entscheidung rückgängig zu machen.
"Russland setzt Nahrungsmittel erneut als Waffe ein"
Auch die USA verurteilten die neue Blockade und forderten eine Wiederaufnahme der Lieferungen. "Russland setzt Nahrungsmittel erneut als Waffe in dem Krieg ein, den es begonnen hat", kritisierte US-Außenminister Antony Blinken. Dies habe Folgen für Länder mit geringen und mittleren Einkommen und die weltweiten Nahrungsmittelpreise. Er forderte alle Beteiligten auf, das für viele Menschen überlebenswichtige Abkommen zu erhalten.
Blinken warf Moskau vor, Menschen weltweit für seine Politik leiden zu lassen. "Jedes Handeln Russlands, das diese wichtigen Getreideexporte unterbricht, ist im Grunde genommen eine Aussage, dass Menschen und Familien auf der ganzen Welt mehr für Lebensmittel bezahlen oder hungern sollen", sagte er.
UN: Getreidefrachter sollen weiter ausfahren
Trotz der russischen Aussetzung sollen am Montag aber weiter Schiffe über den Korridor im Schwarzen Meer ausfahren - auf einen entsprechenden Plan einigten sich die Delegationen der Vereinten Nationen, der Türkei und der Ukraine. Das teilte das Koordinierungszentrum in Istanbul am Abend mit. Am Montag sollen demnach zwölf Schiffe durch den Korridor in Richtung Istanbul aufbrechen, vier in entgegengesetzte Richtung. Die russische Delegation sei darüber informiert worden.
Verkehr von Frachtschiffen zunächst gestoppt
Zunächst war die Ausfuhr von ukrainischem Getreide über das Schwarze Meer gestoppt worden. Es sei "keine gemeinsame Vereinbarung über die Aus- und Einfahrtsbewegungen von Frachtschiffen am 30. Oktober erzielt" worden, hatte das internationale Koordinationszentrum erklärt.
Die Aufsichtsbehörde sei von Russland über "Bedenken hinsichtlich der Sicherheit von Frachtschiffen" informiert worden und habe diese an die türkischen und ukrainischen Delegationen weitergeleitet, hieß es weiter. Dem Koordinationszentrum zufolge hatten am Samstag noch neun Frachter den Korridor im Schwarzen Meer passiert.
Ukraine und Großbritannien bestreiten Angriffe
Russland hatte gestern die Aussetzung des im Juli unter Vermittlung der Türkei und der UN geschlossenen Abkommens verkündet. Der Deal hatte die monatelange Blockade der ukrainischen Getreideausfuhren im Zuge des russischen Angriffskrieges beendet. Als Grund für die Aussetzung gab Russland Drohnenangriffe auf die Infrastruktur der Schwarzmeerflotte in der Stadt Sewastopol auf der 2014 von Moskau völkerrechtswidrig annektierten Halbinsel Krim an. Das russische Verteidigungsministerium erklärte, die Ukraine sei dabei von Großbritannien unterstützt worden.
Die Ukraine bestreitet allerdings ebenso wie Großbritannien, für einen Angriff auf den Heimathafen der Schwarzmeerflotte verantwortlich zu sein. Um vom "desaströsen Versagen bei der illegalen Invasion der Ukraine abzulenken", bediene sich das russische Verteidigungsministerium "Falschbehauptungen epischen Ausmaßes", schrieb das britische Verteidigungsministerium auf Twitter.