Frankreichs neuer Regierungschef Premier mit 34 Jahren - wer ist Gabriel Attal?
Ähnlich wie Präsident Macron hat er eine politische Blitzkarriere hingelegt: Gabriel Attal ist mit 34 Jahren der jüngste Premierminister in der jüngeren Geschichte Frankreichs. Dort ist er seit Langem kein Unbekannter mehr.
Gabriel Attal entstammt einer Familie mit jüdischen und russisch-orthodoxen Wurzeln und wuchs mit seinen drei jüngeren Schwestern in Paris auf. Er ist rasch in der politischen Hierarchie aufgestiegen. Nach seiner Ausbildung an der Pariser Eliteschule Ecole d'Alsace und der Hochschule Sciences Po verbrachte er ein Jahr als Stipendiat der Villa Medici in Rom.
Berufserfahrung außerhalb der Politik hat Attal kaum - nach einer kurzen Zeit bei den Sozialisten schloss er sich bereits 2016 der Partei von Emmanuel Macron an und wurde zu einem frühen Weggefährten des späteren Präsidenten. Im Juni 2017 wurde Attal schließlich in die Nationalversammlung gewählt. Nach seiner Tätigkeit als Parteisprecher hatte er 2018 bis 2020 das Amt eines Staatssekretärs im Bildungsministerium inne.
Seinen Durchbruch verdankt Attal seinem Posten als Regierungssprecher, auf dem er sich von 2020 bis 2022 als äußerst medientauglich erwies. Anschließend wurde er mit nur 29 Jahren zum jüngste Regierungsmitglied der Republik in ihrer aktuellen Verfassung ernannt - zunächst zum Haushaltsminister, bevor er im Juli 2023 ins Bildungsressort wechselte.
Öffentliche Aufmerksamkeit schon als Minister
Attal wird jetzt Nachfolger von Élisabeth Borne, die nach Streit um die Zuwanderungspolitik von ihrem Posten als Premierministerin zurückgetreten war. Nach der eher diskreten Borne folgt nun ein junger Politiker, der es als einer der wenigen bisherigen Regierungsmitglieder immer wieder schaffte, öffentliche Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, etwa durch das Verbot muslimischer Kleidungsstücke für Schülerinnen und Schüler.
Die von Mädchen und Frauen getragenen Abayas und die von Jungen genutzten Khamis verstießen gegen das französische Verfassungsprinzip eines säkularen Staates, argumentierte Attal. Muslime nutzten sie, um den säkularen Charakter der Schulen infrage zu stellen. Kritiker entgegneten, Abayas und Khamis seien keine religiösen Symbole, sondern bloß eine Mode.
Darüber hinaus hat Attal die Einführung von Schuluniformen an einigen öffentlichen Schulen auf dem Weg gebracht. Damit soll verhindert werden, dass Kleidung als Statussymbol gewertet wird, was immer wieder auch zu Mobbing unter Schülern führt.
Der neue Premier gilt als beliebt
Attal ist auch der erste französische Regierungschef, der offen homosexuell ist. Er galt vor seiner Ernennung Umfragen zufolge als das beliebteste Regierungsmitglied und hat den Ruf, auch mit Vertretern anderer politischer Lager in der Sache diskutieren zu können. Als eine "sehr große ideologische Plastizität" charakterisiert der Politikexperte des Nachrichtensenders BFM-TV, Benjamin Duhamel, den Politikstil Attals.
"Er hat als Mitglied der Sozialistischen Partei begonnen. Das hat seine Arbeit als Haushaltsminister beeinflusst, wo er die Mittelschicht mit einem Gesetz gegen Steuerhinterziehung verteidigt hat. Als Bildungsminister hat er Autorität und Laizität gestärkt. Das ist pragmatisch." Ansonsten ähnele Attal ideologisch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron - "er verdankt ihm alles", so Duhamel.
Ob das reicht, dem krisengeschüttelten Präsidentenlager Raum für Reformen zu verschaffen, bleibt abzuwarten. Macron könnte Attal vom Typ her besser liegen als Borne. Attals dynamische Art und seine steile Karriere erinnern an den Präsidenten. Die erste Aufgabe als Regierungschef besteht für Attal nun darin, seine Regierungsmannschaft neu zusammenzustellen.
15. Mai 2017 bis 03. Juli 2020: Édouard Philippe
03. Juli 2020 bis 16. Mai 2022: Jean Castex
16. Mai 2022 bis 08. Januar 2024: Élisabeth Borne
Seit 9. Januar 2024: Gabriel Attal
Mit Informationen von Stefanie Markert, ARD-Studio Paris