Aktionstag gegen Rentenreform Erneut Proteste auf Frankreichs Straßen
Die beschlossene Rentenreform von Präsident Macron führt in Frankreich erneut zu großen Straßenprotesten. Heute will der Verfassungsrat das letzte Wort über das Vorhaben sprechen. Haben Streiks und Proteste dann ein Ende?
In Frankreich haben erneut Hunderttausende Menschen gegen Präsident Emmanuel Macrons Rentenreform protestiert - über deren Rechtmäßigkeit der Verfassungsrat an diesem Freitag urteilen will. Nach Angaben des Innenministeriums beteiligten sich landesweit 380.000 Menschen an den Protesten. Die Gewerkschaften sprachen von mehr als einer Million Teilnehmer.
Bei den zunächst über viele Wochen friedlichen Protesten war es zuletzt immer wieder zu Gewalt und Auseinandersetzungen gekommen. In Paris sicherten Banken und teure Geschäfte ihre Schaufenster vorsorglich mit Holzplatten ab. Der Einsatz von 11.500 Polizisten war geplant, 4200 davon in Paris.
Gewerkschaft droht, Paris zu vermüllen
Landesweit kam es zu Blockaden von Straßen, Bahngleisen und Raffinerien - die Beeinträchtigungen blieben bisher aber überschaubar. Die Müllabfuhr in Paris begann erneut einen Streik, und die Gewerkschaft CGT drohte an, die Hauptstadt in eine öffentliche Müllkippe zu verwandeln, bis die Reform zurückgezogen werde. Im März hatten sich während eines dreiwöchigen Streiks der Müllarbeiter in Paris riesige Abfallberge angehäuft.
Ebenfalls in Paris drangen Demonstranten in die Zentrale des französischen Luxuskonzerns LVMH ein und zündeten Feuerwerkskörper.
Allein in Paris sind 4200 Polizisten im Einsatz.
Proteste auch in Nantes und Rennes
Aus Nantes und Rennes wurden Auseinandersetzungen von Protestierenden mit der Polizei gemeldet. Die Proteste richten sich gegen die schrittweise Anhebung des Renteneintrittsalters von 62 auf 64 Jahre. Die Mitte-Regierung will mit der inzwischen beschlossenen Reform eine drohende Lücke in der Rentenkasse schließen. Der Streit verschärfte sich, weil die Regierung den Text ohne Abstimmung durch die Nationalversammlung drückte.
Macron verteidigt Reform - zeigt sich aber dialogbereit
Präsident Emmanuel Macron will, dass die Reform bis Jahresende in Kraft tritt. Macron hatte seine umstrittene Reform am Mittwoch gegen andauernde Kritik verteidigt und einen Dialog mit den Gewerkschaften in Aussicht gestellt.
Das Land müsse weiter vorankommen und er wolle mit den Sozialpartnern über den weiteren Gang der Dinge reden. Die Reform sei notwendig, die öffentlichen Haushalte müssten ins Gleichgewicht gebracht werden.
Verfassungsrat urteilt über Rechtmäßigkeit der Reform
Am Freitag soll der Verfassungsrat das Ergebnis einer Prüfung des Reformvorhabens verkünden. Er könnte die Reform in Teilen oder vollständig kippen oder für verfassungskonform erklären.
Ein großes Polizeiaufgebot schützte das Gebäude des Verfassungsrats, an dem der Pariser Demonstrationszug vorbeizog. Sollte der Verfassungsrat die Reform im Wesentlichen bestätigen, gibt es für die Gewerkschaften keine Aussicht mehr auf eine Abmilderung oder Absage des Vorhabens.
Nächste Proteste bereits angekündigt
Dennoch werde es weitere Demonstrationen geben, hieß es von Gewerkschaftsseite. Der Chef der Gewerkschaft CFDT, Laurent Berger, brachte bereits den 1. Mai als nächsten Protesttag ins Gespräch. Auch die neue CGT-Gewerkschaftschefin Sophie Binet sagte: "Es wird nicht der letzte Aktionstag sein."
Macrons Einladung zum Dialog wurde verärgert aufgenommen. Seit einem Monat habe man mit Macron reden wollen, sagte Binet. Ein Treffen, wenn alles entschieden sei, ergebe keinen Sinn.