Macron zum Rentenstreit "Diese Reform ist kein Vergnügen"
Wochenlange Proteste und zwei Misstrauensanträge: Der Gegenwind zur Rentenreform von Präsident Macron ist in Frankreich riesig. Jetzt verteidigte er sein Vorgehen in einem TV-Interview. Er nehme in Kauf, dadurch unbeliebt zu werden.
Der französische Präsident Emmanuel Macron hat sich entschlossen gezeigt, die umstrittene Rentenreform trotz landesweiter Proteste bis zum Jahresende durchzusetzen. Er werde in der Frage standhaft bleiben, kündigte Macron in einem seiner seltenen Interviews im Fernsehen an.
"Es macht mir keinen Spaß", sagte Macron den Sendern TF1 und France 2. "Diese Reform ist kein Luxus, kein Vergnügen, sie ist eine Notwendigkeit für das Land." Er bedaure, dass es ihm nicht gelungen sei, die Menschen besser von seinen Plänen zu überzeugen. Doch die Reform des Rentensystems sei von nationalem Interesse. Macron betonte, die Rentenkasse sei nicht mehr ausgeglichen. "Und je länger wir warten, desto schlimmer wird es."
Macron: Nehme Unbeliebtheit in Kauf
Alternativen zur Reform seien gewesen, die Renten zu senken, die Steuern zu heben oder mehr Schulden aufzubauen. Alle Varianten schlug der Präsident aus. Zur massiven Ablehnung der Reform durch die Bevölkerung sagte Macron: "Zwischen den Umfragen und der Kurzfristigkeit und dem allgemeinen Interesse des Landes entscheide ich mich für das allgemeine Interesse des Landes." Die Reform sei sehr schwierig. "Wir verlangen von den Menschen eine Anstrengung. Das ist nie beliebt", sagte er. "Wenn mich das unpopulär macht, dann nehme ich das auf mich."
Ausdrücklich sprach der Präsident Premierministerin Elisabeth Borne sein Vertrauen aus. Er habe sie beauftragt, größere Mehrheiten im Parlament zu suchen, Mitstreiter in anderen Parteien zu finden, die sich einzelnen Gesetzesinitiativen der Regierung anschließen wollen.
Gewerkschaft ruft erneut zu Protesten auf
Mit Blick auf die Zukunft erklärte Macron zudem, man müsse weiter an einer Reformagenda arbeiten und wieder mit den Gewerkschaften in den Dialog kommen. Gewerkschaftsvertreter Philippe Martinez reagierte prompt und nannte Macrons Äußerungen realitätsfern und abgehoben. "Er tut so, als hätten diejenigen, die schimpfen, nichts verstanden", sagte der Chef der Gewerkschaft CGT. Er sei ganz von sich und dem, was er macht, überzeugt - "und das ist schlimm". Für morgen haben die Gewerkschaften zum neunten landesweiten Streik- und Protesttag aufgerufen.
Frankreichs Mitte-Regierung will das Renteneintrittsalter schrittweise von 62 auf 64 Jahre anheben. Die Zahl der Einzahljahre für eine volle Rente soll schneller steigen. In den vergangenen Monaten waren Hunderttausende Menschen auf die Straßen gegangen, um gegen die Reform zu protestieren. Mehrfach kam es zu Zusammenstößen zwischen der Polizei und Demonstranten.
Macrons Regierung hatte die Reform in der vergangenen Woche dennoch auf den Weg gebracht. Am Montagabend nahm sie die letzte parlamentarische Hürde, als zwei Misstrauensanträge gegen die Regierung von Borne nur knapp scheiterten. Aktuell liegt sie dem Verfassungsrat vor. Bestätigt dieser die Reform, tritt sie in Kraft.