Gewalt im Westjordanland Erstmals EU-Sanktionen gegen israelische Siedler
Wiederholt hatte die EU Siedlerangriffe im Westjordanland verurteilt - nun setzt sie ein deutliches Zeichen: Erstmals belegt sie vier Personen und zwei Jugendgruppen mit Sanktionen. Auch das US-Finanzministerium sprach neue Strafen aus.
Gewalttaten radikaler israelischer Siedler gelten als ein Hindernis für Bemühungen um eine langfristige Friedenslösung im Nahost-Konflikt. Nun hat die EU erstmals Sanktionen gegen Personen und Organisationen beschlossen, die für Angriffe auf Palästinenser in Westjordanland verantwortlich sein sollen.
Die Strafen werden mithilfe des EU-Sanktionsinstruments zur Ahndung von schweren Menschenrechtsverstößen verhängt. Personen, die betroffen sind, dürfen nicht mehr in die EU einreisen und keine Geschäfte mehr mit EU-Bürgern machen. Außerdem müssen von den Betroffenen in der EU vorhandene Konten und andere Vermögenswerte eingefroren werden.
Vorwürfe der Folter und Erniedrigung
Wie aus dem EU-Amtsblatt hervorgeht, handelt es sich um vier Männer, denen zum Beispiel Folter, Erniedrigungen oder Verstöße gegen das Eigentumsrecht vorgeworfen werden. Zudem sind die radikale Jugendgruppe Hilltop Youth und eine rechtsradikale jüdische Gruppe mit dem Namen Lehava betroffen. Hilltop Youth sei eine Gruppe, die sich aus Mitgliedern zusammensetze, die für Gewalttaten gegen Palästinenser und deren Dörfer im Westjordanland bekannt seien, heißt es im EU-Amtsblatt.
Die Strafmaßnahmen gegen Lehava begründet die EU unter anderem damit, dass diese Gewalt anwende und zu Gewalt gegen Palästinenser, Christen und Messianische Juden anstifte. Lehava-Mitglieder hätten zum Beispiel "Tod den Arabern" gesungen und bei Kundgebungen dazu aufgerufen, zu den Waffen zu greifen. Lehava organisiere zudem gewaltsame Proteste gegen jüdisch-muslimische Hochzeiten und die LGBTQI-Gemeinschaft. Lehava-Mitglieder schikanierten zudem arabisch-jüdische Paare und griffen diese an.
Entscheidung bedeutet Kurswechsel
Die EU hat die Gewalttaten und den Siedlungsbau bereits wiederholt verurteilt - für Strafmaßnahmen gab es aber bis heute nie den erforderlichen Konsens. Die Sanktionsentscheidung gilt deswegen als ein Anzeichen für einen Kurswechsel in der Israel-Politik der EU, auch wenn die Strafmaßnahmen an sich für die Betroffenen vergleichsweise geringe Auswirkungen haben.
Mit den Sanktionen folgt die EU dem Beispiel der USA. Die Vereinigten Staaten haben bereits Strafmaßnahmen verhängt, die sich gegen extremistische israelische Siedler richten. Heute zog das Finanzministerium in Washington mit weiteren Maßnahmen nach. Die neuen Sanktionen betreffen demnach Ben-Zion Gopstein. Dieser gilt als enger Vertrauter des radikalen israelischen Sicherheitsministers Itamar Ben-Gvir. Gopstein ist Gründer und Anführer der rechtsradikalen Lehava.
USA frieren Vermögenswerte ein
Zugleich sanktionierten die USA zwei Organisationen, die den Angaben nach zwei bereits sanktionierte extremistische Siedler finanziell unterstützt haben. Die Männer seien "für die Zerstörung von Eigentum, Übergriffe auf Zivilisten und Gewalt gegen Palästinenser verantwortlich", erklärte der stellvertretende Finanzminister Wally Adeyemo. "Solche Handlungen untergraben den Frieden, die Sicherheit und die Stabilität im Westjordanland."
Als Folge der Sanktionen werden mögliche Vermögenswerte der Betroffenen in den USA blockiert. US-Bürgern oder Menschen, die sich in den Vereinigten Staaten befinden, sind Geschäfte mit den sanktionierten Organisationen und Personen untersagt. Banken, die mit ihnen Geschäfte machen, können ebenfalls Sanktionen drohen.
Zahl der Siedlungen wächst
Ein Grund für die angespannte Lage im Westjordanland ist, dass Israel dort seit der Eroberung des Gebiets im Sechstagekrieg 1967 Siedlungen ausbaut. Die Zahl der Siedler in dem Gebiet, das zwischen dem israelischen Kernland und Jordanien liegt, ist inzwischen auf etwa eine halbe Million gestiegen. Einschließlich Ost-Jerusalems sind es sogar 700.000. Die Siedler leben inmitten von rund drei Millionen Palästinensern.