EU-Spitzenjobs vergeben Meloni schimpft - isoliert sie Italien?
Italien wurde bei der bisherigen EU-Postenvergabe noch nicht berücksichtigt. Das stört Ministerpräsidentin Meloni. Nun muss sie versuchen, ihre Interessen an anderer Stelle durchzusetzen.
Was Giorgia Meloni will, das hat sie schon im Wahlkampf für die Europawahlen klargestellt: Mehr Einfluss für Italien innerhalb der EU. "Meine Politik ist es, dass Italien bei vielen Themen die Rolle des Wegbereiters einnimmt, um der EU den Weg zu weisen."
Und auch beim G7-Gipfel in Italien vor zwei Wochen sah sie sich in einer Führungsposition. Schließlich hatte sie kurz davor bei der Europawahl mit ihrer Partei Fratelli d'Italia fast 29 Prozent geholt. Sie hatte Rückenwind, ganz im Gegensatz etwa zum französischen Präsidenten Emmanuel Macron, der vor Neuwahlen steht oder dem deutschen Kanzler Olaf Scholz, der geschwächt aus der Wahl kam.
Ich bin stolz darauf, dass diese Nation sich beim G7-Gipfel in Europa mit der stärksten Regierung von allen präsentieren kann.
Meloni nicht mit am Tisch
Und dann das: Bei den Vorverhandlungen über das künftige EU-Führungspersonal bezog man sie nicht mit ein. Bei den Gesprächen hatten der polnische und der griechische Regierungschef Donald Tusk und Kyriakos Mitsotakis für die EVP verhandelt. Für die Sozialdemokraten saßen Kanzler Scholz und der Spanier Pedro Sanchez am Tisch und für die Liberalen Frankreichs Präsident Macron und der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte.
Meloni war zunächst klug genug, nicht mit offener Kritik zu reagieren. Im italienischen Parlament formulierte sie es so: "Heute wird ein völlig neues Szenario eröffnet, und die Logik des Konsenses, auf der die meisten europäischen Entscheidungen seit jeher beruhen, wird durch Kamingespräche übergangen", sagte sie. Einige Nationen bildeten sich ein, für alle entscheiden zu können. "Sowohl für diejenigen, die auf der anderen politischen Seite stehen, als auch für die Nationen, die als zu klein angesehen werden, um an den Tischen zu sitzen, die zählen."
Harte Kritik bei X
Und das gedenke sie nicht hinzunehmen. Auf dem Gipfel selbst machte sie ihrem Unmut aber deutlich Luft. Der Nominierungsprozess sei methodisch und inhaltlich falsch, schrieb sie auf dem Kurznachrichtendienst X.
Der polnische Ministerpräsident Tusk und andere Regierungschefs versuchten noch, die Wogen zu glätten. Man habe lediglich das Verfahren beschleunigen wollen. Eine endgültige Entscheidung ohne Meloni werde es nicht geben, betonte Tusk ausdrücklich.
Meloni muss nun eine gesichtswahrende Lösung finden
Aber Meloni blieb hart. Sie stimmte gegen die Nominierung von Antonio Costa als Ratspräsident und Kaja Kallas als neue EU-Außenbeauftragte und enthielt sich ihrer Stimme bei der Entscheidung über Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Zwar war vorher schon klar, dass es die nötige Mehrheit für die vorgeschlagene Postenverteilung gibt. Aber für Meloni ging es auch darum, glaubwürdig zu bleiben: "Ich habe im Parlament gesagt, dass ich dagegen bin, ich habe im Rat gesagt, dass ich dagegen bin. Die Leute respektieren mich genau dafür, weil ich kein doppeltes Spiel spiele", so Meloni.
Die Nominierungen entsprächen nicht dem Wählerwillen, fügte sie an. Meloni hatte die Latte hoch gesetzt und muss nun versuchen, gesichtswahrend aus den Verhandlungen rauszukommen, eventuell indem sie bei der Verteilung weiterer Stellen in der Kommission Italien wichtige Posten verschafft. Von der Leyen müsse sich nun die Zustimmung Italiens verdienen, erklärte sie.
Italien wie Ungarn?
Meloni fordert von der EU, Italien müsse endlich das Gewicht bekommen, das ihm als einem der Gründungsländer und drittgrößter Volkswirtschaft der EU zustehe.
Klar ist aber auch, dass Meloni sich mit ihrem Stimmverhalten an die Seite Ungarns stellt und Italien innerhalb der EU zu isolieren droht. Entsprechend schrieb heute früh die Zeitung La Repubblica, Meloni habe es vorgezogen, auf der Seite der Anti-Europäer zu bleiben und schicke Italien in die politische Quarantäne. Und der Generalsekretär der Partei Piú Europa, Riccardo Magi kritisierte auf X, dadurch werde Italien wie Ungarn zu einem Staat, der Teil des Problems und nicht der Lösung für die Fragen Europas ist.