Verbrenner-Streit beim EU-Gipfel Annäherung im Schneckentempo
Beim EU-Gipfel gab es wie erwartet keinen großen Durchbruch im Streit um das Verbrenner-Aus. Alle Beteiligten gaben sich zumindest zuversichtlich. Stattdessen wurden Munitionslieferungen an die Ukraine beschlossen.
Eine Nachtsitzung haben sich die Staats- und Regierungschefs der EU diesmal erspart. Gegen halb zehn verließen die ersten gestern Abend das Ratsgebäude, in dem sie zuvor über Themen wie die Wettbewerbsfähigkeit der EU, den Klimawandel und die Migration gesprochen hatten.
Wenn auch nicht in großer Runde, so kam doch am Rande auch das Aus für den Verbrenner-Motor ab 2035 zur Sprache. Über das waren sich die Mitgliedstaaten und das Europaparlament eigentlich schon im Oktober einig, doch nun blockiert Deutschland den finalen Beschluss.
Denn für Bundeskanzler Olaf Scholz gibt es eine klare Verständigung, dass die EU-Kommission eine Regelung vorschlägt, "die sicherstellt, dass nach 2035 Fahrzeuge die ausschließlich mit E-Fuels betrieben werden können, weiter zugelassen werden können. Das ist schon Konsens. Und es geht jetzt eigentlich nur noch ganz pragmatisch den richtigen Weg zu finden, diese von der Kommission längst gegebene Zusage auch umzusetzen."
Deutschland nicht allein in seiner Position
In einigen Länder stößt die deutsche Haltung auf deutliche Kritik, der lettische und der belgische Ministerpräsident äußerten beispielsweise Unverständnis. Doch allein steht die Bundesregierung nicht mit ihrer Position. Etwa Italien und Österreich setzen sich ebenfalls für E-Fuels ein.
Österreichs Bundeskanzler Karl Nehammer sprach nach dem ersten Gipfeltag davon, dass es zum - wie er ihn nennt - grünen Verbrenner sehr viel Zustimmung gab. Die kam nach seinen Angaben auch aus einem Land, das bislang Deutschlands Vorgehen kritisiert hat.
Auch Frankreich unterstützt diese Position jetzt. Das ist für uns ein wichtiges Signal, dass wir weiter technologie- und innovationsfreundlich bleiben.
Von der Leyen erkennt Fortschritte
Der französische Präsident Emmanuel Macron selbst äußerte sich bei diesem Gipfel öffentlich allerdings nicht. Und gelöst wurde der Streit über das Verbrenner-Aus wie erwartet auch nicht. Stattdessen laufen die Gespräche zwischen dem Verkehrsministerium in Berlin und der EU-Kommission weiter. Laut Olaf Scholz sind sie auf einem guten Weg. Auch Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen erkennt Fortschritte bei den Verhandlungen:
Ich möchte nur erwähnen, dass in diesem Fall Zeit von entscheidender Bedeutung ist, da dieses Vorhaben eine wichtige Säule unseres Klimapakets Fit for 55 ist. Deshalb intensivieren wir die Gespräche, und ich bin zuversichtlich, dass wir bald eine gute Lösung finden.
Gipfel billigt Plan zu Munitionslieferungen an die Ukraine
Von der Leyen begrüßte, dass die Staats- und Regierungschefs den Plan gebilligt haben, der Ukraine in den kommenden zwölf Monaten eine Million Artilleriegeschosse zu liefern. Der Krieg spielte gestern beim Gipfel eine größere Rolle.
Heute steht unter anderem ein Euro-Gipfel auf der Tagesordnung, bei dem es auch um die jüngsten Turbulenzen im Bankensektor in der Schweiz und den USA geht. Die Präsidentin der Europäischen Zentralbank Christine Lagarde ist ebenfalls dabei - und könnte das wiederholen, was sie unlängst im Europaparlament betont hat: "Die Vollendung der Bankenunion und die vollständige Entwicklung der Kapitalmarktunion sind unerlässlich. Dafür brauchen wir einen verbindlichen Zeitplan, den die Finanzminister jetzt vorbereiten müssen."
Aber: Die Vollendung der Bankenunion ist bislang auch unter anderem am Widerstand Deutschlands gescheitert.