Debatte um Verbrenner-Aus "Auf einem guten Weg" - wohin?
Eigentlich wollten die EU-Staaten das Verbrenner-Aus heute endgültig auf den Weg bringen. Doch Verkehrsminister Wissing beharrte auf Ausnahmen für synthetische Kraftstoffe. Wie geht es weiter?
Es war ein kurioses Bild. Bei einer Pressekonferenz von Bundeskanzler Olaf Scholz und seinen Ministern Christian Lindner und Robert Habeck auf Schloss Meseberg am Montag fragte ein Journalist den Finanzminister zum Streit um E-Fuels. Als der antworten will, kommt ihm der Kanzler zuvor. Lindner guckt zunächst verdutzt. Doch was Scholz zu sagen hatte, wird ihm wohl gefallen haben.
Denn der Kanzler stellte sich in der Debatte um das Verbrenner-Aus vor seinen Koalitionspartner FDP. Die Bundesregierung erwarte einen Vorschlag der EU-Kommission, "der darauf eingeht, wie E-Fuels nach 2035 eingesetzt werden können", so Scholz.
EU-Abstimmung über Verbrenner-Aus verschoben
Eigentlich war die Abstimmung der EU-Staaten über das Aus von neuen Verbrenner-Fahrzeugen ab 2035 für den 7. März angesetzt. Deutschlands Zustimmung galt bis zuletzt als Formsache. Nun ist die Abstimmung auf Druck der Bundesregierung aber erst einmal verschoben. Die FDP fordert Ausnahmen für Verbrenner-Fahrzeuge, die synthetische Kraftstoffe, sogenannte E-Fuels, nutzen. Die Liberalen sehen darin einen möglichen Baustein im klimaneutralen Straßenverkehr der Zukunft.
Vorschläge dazu habe die EU auch zugesagt, aber nie vorgelegt, sagte Bundesverkehrsminister Volker Wissing im ARD-Mittagsmagazin. Dass man dem Beschluss so nicht zustimmen könne, sei deshalb auch "nicht überraschend". Im Juni vergangenen Jahres hatte sich die Bundesregierung auf Drängen der FDP auf den Kompromiss geeinigt, dass Autos auch nach 2035 mit Verbrenner zugelassen werden können, wenn sie klimafreundliche synthetische Kraftstoffe nutzen.
Mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte Wissing in Meseberg über Ausnahmen für E-Fuels gesprochen. Über das Ergebnis blieben beide vage. Man sei "auf einem guten Weg", so Wissing.
Kritik von Grünen und Autoherstellern
Innerhalb der Ampel-Regierung ist das Thema weiterhin umstritten. Während Kanzler Scholz sich in Meseberg um Einigkeit bemühte, kritisierte der Grünen-Bundesvorsitzende Omid Nouripour die Blockade der FDP beim Verbrenner-Aus. Man müsse nun schnell zu einer Einigung kommen, auch damit Deutschland "nach all den Beratungen und Abstimmungen in der EU ein verlässlicher Partner" bleibe.
Außerdem betonte er, dass deutsche Autohersteller Planungssicherheit bräuchten. Die seien ohnehin "längst auf einem anderen Pfad als dem Verbrenner". Tatsächlich haben die meisten Autohersteller bereits angekündigt, vollständig auf Elektroautos setzen zu wollen. Angesichts der deutschen Blockade warnte Audi-Chef Markus Duesmann zuletzt gegenüber dem "Spiegel" vor einer "Hängepartie" für die Autoindustrie.
Wie sinnvoll sind E-Fuels?
Die FDP betont jedoch, dass man bei der klimaneutralen Mobilität keine Möglichkeiten ausschließen dürfe. Immer wieder forderte sie in der Debatte "Technologieoffenheit". Doch ob es für E-Fuels im Straßenverkehr eine realistische Perspektive gibt, ist fraglich. Denn sie gelten als teuer und ineffizient. Die Herstellung würde große Mengen Strom aus erneuerbaren Energien verbrauchen. Der sollte besser direkt in Ladesäulen für E-Autos fließen, um große Wirkungsverluste zu vermeiden, sagen Kritiker.
E-Fuels seien vor allem für schwere Maschinen sinnvoll, die nicht mit Batterien betrieben werden können, etwa Flugzeuge, sagt der Direktor des Helmholtz-Instituts in Ulm, Maximilian Fichtner. Audi-Chef Duesmann bringt die synthetischen Kraftstoffe auch als saubere Option für Verbrenner-Pkw, die bis 2035 noch auf den Straßen unterwegs sind, ins Gespräch. Für Neuwagen ab 2035 ziehe man sie nicht Betracht, da Audi bereits zwei Jahre vorher aus dem Verbrenner aussteigen wolle.
Wie geht es weiter?
Auch der Verband der Automobilindustrie betonte, dass die Elektromobilität die zentrale Technologie sei, um die Klimaziele im Verkehr zu erreichen. E-Fuels müssten aber in der Übergangszeit mit einbezogen werden, sagte ein VDA-Sprecher dem MDR.
Die Debatte um das Verbrenner-Aus geht also weiter. Die Bundesregierung sieht die EU-Kommission am Zug, einen Vorschlag zum Einsatz von klimaneutralen, synthetischen Kraftstoffen zu erarbeiten. Ein neues Datum für eine Abstimmung gibt es noch nicht.