Beratungen in Luxemburg Hartes Ringen um Asylreform
Die EU-Staaten wollen ihr Asylsystem reformieren - doch wie strikt soll es sein? Bei den Beratungen in Luxemburg ist weiter offen, ob es einen Kompromiss gibt.
Noch immer ist nicht absehbar, ob es zu einer Einigung kommen wird. EU-Kommissarin Ylva Johansson, die die Dauerdebatte um die Reform des Asylsystems mit einem Marathonlauf verglich, bei dem man sich auf den letzten 100 Metern befinde, ist nach wie vor optimistisch, dass die 27 Mitgliedsstaaten, nun auch diese letzte Distanz schaffen.
Dreh und Angelpunkt der zur Debatte stehenden Reform ist, dass alle Flüchtlinge, die aus einem sogenannten sicheren Drittstaat oder einem Land mit einer Anerkennungsquote von unter 20 Prozent kommen, an den EU-Außengrenzen ein Schnellverfahren durchlaufen müssen. Bei einer Antragsablehnung sollen sie direkt von dort zurückgeführt werden.
Skepsis aufseiten der Anrainerstaaten
Vor allem die Mittelmeer-Anrainer wie Italien sehen das allerdings skeptisch, weil entsprechend der sogenannten Dublin-Regeln nahezu alle Asylanträge beispielsweise von der italienischen Verwaltung zu bearbeiten wären. Deshalb wollen diese Länder eine begrenzte Anzahl an Grenzverfahren und einen verlässlichen Solidaritätsmechanismus.
Umstritten ist in dem Zusammenhang auch der Vorschlag der EU-Kommission, dass jene Länder, die keine Geflüchteten aufnehmen wollen, stattdessen Geld zahlen - die Rede ist von bis zu 20.000 Euro.
Faeser hofft auf Einigung - aber nicht um jeden Preis
Alle Länder müssten schwierige Kompromisse machen, sagt Bundesinnenministerin Nancy Faeser, die sehr auf eine Einigung hofft - wenn auch nicht um jeden Preis. "Sollten wir scheitern", warnt sie, "dann ist das ein falsches Signal". Das würde zu nationaler Abschottung führen. Faeser fordert: "Ich möchte, dass wir ein gemeinsames europäisches Verständnis von Menschenrechtsstandards haben, auch an allen Außengrenzen."
So befürwortet Deutschland, dass Familien mit kleinen Kindern und alleinreisende Minderjährige von den Schnellverfahren ausgenommen werden. Eine Position, die nur von wenigen Ländern wie Irland und Portugal geteilt wird, bedauert Luxemburgs Außen- und Migrationsminister Jean Asselborn. In der EU gebe es Länder, "die wollen eine europäische Migrationspolitik - und eine globale Politik hinbekommen". Doch andere EU-Staaten setzen laut Asselborn "auf die Festung Europa". Das zusammenzuführen, sei nicht einfach.
Beratungen unter Zeitdruck
Allerdings wäre das die Voraussetzung, um diese möglicherweise größte Herausforderung der EU zu bestehen. Denn erst wenn die 27 Mitgliedsländer eine gemeinsame Position gefunden haben, können die Beratungen mit der EU-Kommission und dem Europäischen Parlament beginnen, um die Asylreform noch vor der nächsten Europawahl im Juni 2024 abzuschließen.